Deutsche Konzernchefs betonten am Wochenende, wie wichtig der freie Handel für die Wirtschaft sei. "Wer Waren mit Zöllen oder Handelsbarrieren künstlich verteuert, verringert das Volkseinkommen. Damit gefährdet er Arbeitsplätze und Wohlstand", sagte der Chef des Autozulieferers Conti, Elmar Degenhart, der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag". Conti arbeite in seiner Automobilsparte mit über 17 000 Lieferanten und Partnern weltweit zusammen. "Sie hantieren jährlich mit über 140 Milliarden Komponenten, die im Schnitt viermal die nationalen Grenzen überschreiten, bevor sie beim Kunden sind." Als Folge eines Handelsstreits würden die Produkte teurer werden.

Daimler -Chef Dieter Zetsche betonte in der "Bild am Sonntag", die Schlüsselfaktoren für Wohlstand seien Innovation und freier Handel. Er wünsche sich, dass "sich die Politik für freie und faire Märkte stark macht". Daimler hat bereits eine Gewinnwarnung wegen der voraussichtlich steigenden Zölle in China auf US-Importautos herausgegeben.

"Es wäre naiv, zu glauben, dass das Ganze keine Auswirkungen auf die Entwicklung der Weltwirtschaft hätte", sagte Siemens -Cehf Joe Kaeser der "Neue Zürcher Zeitung" (Samstag). Kostennachteile für seinen Konzern befürchtet er zwar keine: "Materiell sind wir nicht betroffen", meinte er. Wesentlich grössere Gefahren sehe er darin, dass angesichts des eskalierenden Handelsstreits die allgemeine Stimmung leide und Kunden anfangen könnten, Investitionen zu verschieben.

Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump den Ton im Handelsstreit erneut verschärft. Er drohte europäischen Autoherstellern mit Zöllen von 20 Prozent auf Fahrzeuge, die in die USA importiert werden. Zuvor waren Zölle der EU auf US-Waren im Wert von 2,8 Milliarden Euro in Kraft getreten, unter anderem auf Erdnussbutter und Jeans. Die Abgaben sind die Antwort Europas auf die seit Anfang Juli geltenden Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und von 10 Prozent auf Aluminium-Importe in die USA.

Wegen der Einführung von Strafzöllen stehen die USA derzeit auch mit anderen Ländern im Handelsstreit. Anfang Juni hatte Trump zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent auf 1102 Produkte aus China im Wert von 50 Milliarden US-Dollar (42,7 Mrd Euro) verhängt. Peking brachte daraufhin Vergeltungszölle auf US-Waren im Wert von ebenfalls 50 Milliarden Dollar auf den Weg. Auch Russland kündigte Zusatzzölle auf Importe aus den USA an, Indien zog am vergangenen Donnerstag nach.

Die Experten der "Bank der Zentralbanken", wie die BIZ auch oft genannt wird, fordern in ihrem Wirtschaftsbericht Reformen. "Wir müssen die Gunst der Stunde nutzen", sagte Generaldirektor Augustin Carstens. Der gegenwärtige Wirtschaftsaufschwung sei die Gelegenheit, um nötige Reformen durchzuführen und wirtschaftspolitische Massnahmen neu auszurichten. "Wir sollten diese Gelegenheit auf keinen Fall verpassen."

Konkret fordert die BIZ, eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, also eine Verringerung der hohen Staatsschulden. Dies sei eine vorrangige Aufgabe. Zudem müssten die Zentralbanken bei der geldpolitischen Normalisierung auf Kurs bleiben und mögliche Risiken im Auge behalten. Ausserdem spricht sie sich für flexiblere Arbeits- und Gütermärkte aus./bgf/jsl/jha/pos/DP/he

(AWP)