Berlin, 11. Mai (Reuters) - Der Bundestag hat am Donnerstag einen besseren Schutz für sogenannte Whistleblower beschlossen, die auf Missstände in ihrem Unternehmen oder ihrer Behörde hinweisen. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte am Dienstag auf Druck der Union Änderungen am bisherigen Entwurf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP vereinbart. Entgegen den ursprünglichen Plänen werden Firmen nun nicht verpflichtet, eine Meldestelle einzurichten, die auch anonyme Hinweise ermöglicht. Die Bußgelder sollen statt geplanter 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro betragen. Die Länderkammer soll dem Gesetz am Freitag abschließend zustimmen. Eine Mehrheit gilt nach der Einigung mit Unions-geführten Ländern als gesichert.

Die Versicherungswirtschaft erwartet als Konsequenz aus dem Hinweisgeberschutzgesetz kurzfristig eine höhere Aufdeckung von Wirtschaftsstraftaten und mehr Entschädigungsleistungen. "Bisher unbemerkte Verstöße dürften nun aufgedeckt werden und zu höheren Schäden in der Vertrauensschadenversicherung führen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. Solche Policen schützten Unternehmen vor Vermögensschäden, die durch kriminelle Taten von Mitarbeitern oder Dritten verursacht würden.

Langfristig erwarten die Versicherer einen Rückgang der Wirtschaftskriminalität. "Zum einen erhöhen Whistleblowing-Systeme das Risiko, entdeckt zu werden, und schrecken potenzielle Täter ab", erklärte Asmussen. "Zum anderen werden Taten früher erkannt und können so weniger Schaden anrichten."

Das Gesetz soll nach der Verabschiedung rasch in Kraft treten, da bereits ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland läuft. Täglich fallen Strafzahlungen an, da eine entsprechende Richtlinie bereits Ende 2021 in deutsches Recht hätte umgesetzt werden müssen. Das Gesetz war im Dezember von der Ampel-Koalition im Bundestag verabschiedet worden, dann aber im Bundesrat vorerst gescheitert. Im April hatte die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss angerufen. (Bericht von Holger Hansen. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)