Er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet, sagte Gordon Sondland aus. Giuliani habe ein "Quid pro quo" - also eine Gegenleistung - für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Donald Trump im Weissen Haus verlangt, sagte Sondland.

Sondland sagte unter Eid, Giuliani habe im Gegenzug für ein Treffen im Weissen Haus eine öffentliche Ankündigung gefordert, dass die Ukraine Untersuchungen auf den Weg bringen werde, die Trumps politischem Rivalen Joe Biden schaden könnten. "Herr Giuliani brachte die Wünsche des Präsidenten der Vereinigten Staaten zum Ausdruck, und wir wussten, dass diese Untersuchungen für den Präsidenten wichtig waren." Giuliani habe das auch den Ukrainern direkt gesagt.

Sondland betonte mit Blick auf einen Termin für ein Treffen im Weissen Haus: "Gab es ein Quid pro quo? (...) Die Antwort ist ja." Der Botschafter schränkte allerdings ein, dass er das nie von Trump persönlich gehört habe. Sondland unterstrich, er habe Aussenminister Mike Pompeo und Trumps geschäftsführenden Stabschef Mike Mulvaney stets auf dem Laufenden gehalten.

Sondland sagte weiter, er sei auch zu der Erkenntnis gelangt, dass eingefrorene Militärhilfe für die Ukraine erst freigegeben werde, wenn es eine Ankündigung der Ukraine zu Untersuchungen gebe. Er habe seine Sorgen über dieses "potenzielle Quid pro quo" mit den Ukrainern geteilt.

In diesem Punkt allerdings bestätigte Sondland einen Verdacht der Demokraten nicht: "Ich habe nie vom Präsidenten gehört, dass die Hilfe von der Ankündigung von Untersuchungen abhängig ist", sagte Sondland. Das sei vielmehr seine "persönliche Annahme" gewesen.

Dennoch bringen die neuen Aussagen Trump in Bedrängnis. Der Präsident hatte sich bereits nach der nicht-öffentlichen Aussage Sondlands von seinem Botschafter bei der EU distanziert. Am 8. Oktober hatte Trump noch auf Twitter geschrieben, Sondland sei "ein wirklich guter Mann und ein grossartiger Amerikaner." Einen Monat später sagte er: "Ich kenne diesen Herrn kaum."

Sondland ist kein Karriere-Diplomat, sondern ein Unternehmer aus dem Hotelgewerbe. Er hatte dem Trump-Team nach Trumps Wahlsieg eine Million Dollar gespendet - und wurde später zum Botschafter bei der EU ernannt.

Die Anhörung Sondlands und weiterer Zeugen sind Teil der Ermittlungen, die die Demokraten im September für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump begonnen haben. Sie werfen dem Präsidenten vor, sein Amt missbraucht zu haben, um die ukrainische Regierung dazu zu drängen, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen.

Ob die Demokraten mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren eröffnen werden, ist noch nicht beschlossen.

Dass Trump des Amtes enthoben wird, wäre nach derzeitigem Stand selbst für den Fall eines Amtsenthebungsverfahrens ausgesprochen unwahrscheinlich. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im Senat notwendig, den Trumps Republikaner dominieren. Bislang stehen die Republikaner im Kongress fest zu Trump.

Sondland betonte am Mittwoch, er und andere mit der Ukraine befasste US-Regierungsvertreter hätten nicht mit Giuliani zusammenarbeiten wollen. "Ich war damals wie heute der Ansicht, dass die Männer und Frauen des Aussenministeriums - und nicht der persönliche Anwalt des Präsidenten - Verantwortung für Ukraine-Angelegenheiten übernehmen sollten."

Bereits vor Sondland hatten mehrere Zeugen Giuliani vorgeworfen, am Aussenministerium und am Nationalen Sicherheitsrat vorbei eine parallele Ukraine-Politik verfolgt zu haben.

Sondland widersprach Trump auch in einem weiteren Punkt: Der Botschafter bestätigte, er habe am 26. Juli mit Trump telefoniert. Das Telefongespräch habe fünf Minuten gedauert, sagte Sondland. Er sei damals in einem Restaurant in Kiew gewesen.

Ein Mitarbeiter der US-Botschaft in Kiew, David Holmes, hatte vor wenigen Tagen im Kongress ausgesagt, er habe am 26. Juli jenes Telefongespräch zwischen Sondland und Trump in dem Restaurant mitgehört.

Trump habe sich dabei ausdrücklich danach erkundigt, ob Selenskyj Ermittlungen in die Wege leiten werde, die Biden schaden könnten. Sondland habe geantwortet: "Er wird es tun." Er habe hinzugefügt, Selenskyj werde alles tun, "um was Sie ihn bitten".

Trump hatte die Darstellung zurückgewiesen und gesagt: "Ich weiss nichts davon." Er erinnere sich nicht an eine solche Unterhaltung, "nicht mal ein bisschen". Eine

Sondland sagte, er könne sich zwar nicht an die genauen Details des Telefonats erinnern, habe aber keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Ermittlungen in der Ukraine dabei eine Rolle gespielt hätten und dass Holmes richtig ausgesagt habe. Trump hatte Selenskyj in einem Telefonat am 25. Juli - also am Tag zuvor - zu Ermittlungen gegen den Bidens Sohn ermuntert.

Trump wirft Biden vor, in seiner früheren Funktion als US-Vizepräsident versucht zu haben, seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Hunter Biden sass bis April dieses Jahres im Vorstand des ukrainischen Gaskonzerns Burisma. Trump wirft den Bidens Korruption vor und will, dass die Ukraine diese Vorwürfe untersucht.

Joe Biden hat gute Chancen auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bei der Wahl im November 2020, bei der Trump für die Republikaner wieder antreten will.

(SDA)