Im Frühsommer startete die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) eine neue Runde von Ausschreibungen für die Betreiber. Die nationale Netzgesellschaft Swissgrid hat zwischen Juli und Ende September Zeit, die Reserve 2024/2025 zu bilden.
Zwei erste Tranchen wurden bereits für den kommenden Winter zugeschlagen. Sie haben ein Volumen von 145 Gigawattstunden (GWh) und kosten 8,5 Millionen Franken. Das Endziel liegt bei 300 GWh mit einer Toleranzmarge von +/- 100 GWh.
Um dieses Ziel zu erreichen, plant die Elcom in Kürze eine weitere Auktion für Teilmengen. Das Datum sei noch nicht bekannt gegeben worden, sagte Elcom-Sprecherin Antonia Adam der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Durch das Vorgehen in mehreren Tranchen sichert sich der Bund gegen Preisschwankungen auf dem Strommarkt ab.
Die Betreiber der an der Winterreserve beteiligten Speicherkraftwerke erhalten Entschädigungen. Für den Winter 2022/2023 beliefen sich diese gemäss Elcom-Angaben auf 281 Millionen Franken, für den Winter 2023/2024 auf 52 Millionen Franken.
Konsumenten müssen zahlen
Diese Kosten werden allen Stromverbrauchern in der Schweiz - Privatpersonen oder Unternehmen - über einen verbrauchsabhängigen Zuschlag auf den Tarif für die Netznutzung in Rechnung gestellt. Auch in Zukunft wird die Wasserreserve von den Endverbrauchern bezahlt.
Hätte der Wettbewerb nicht funktioniert, hätte das Bundesamt für Energie die Kraftwerksbetreiber gegen einen behördlich festgelegten Tarif zur Bildung einer Reserve verpflichten können. Mit dem neuen Stromversorgungs-Gesetz kommt eine solche Pauschalentschädigung zum Tragen.
Für den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) bleiben Ausschreibungen jedoch «aus makroökonomischer Sicht das effizienteste Mittel, um die Reserve zu bilden», sagte Valérie Bourdin, die Westschweizer Sprecherin des VSE. Die Speicherkraftwerk-Betreiber wären bereit, weiterhin in Auktionen zur Winterreserve beizutragen.
Grosser Preisunterschied
Der Elektrizitätswerk-Verband begründet die hohen Kosten für die Winterreserve 2022/2023 mit der ausserordentlichen Marktsituation während der Energiekrise 2022. Zum anderen hätte auch die späte Ausschreibung die Preise nach oben getrieben.
Im Winter 2023/2024 seien die Preise deutlich tiefer gewesen, sagte Bourdin. Das zeige, dass Auktionen funktionieren und zu günstigeren Angeboten führen, wenn die Ausschreibungen frühzeitig erfolgen.
Noch vor dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hatte der Bundesrat im Februar 2022 angesichts der Gefahr eines Blackouts die Bildung einer Wasserkraftreserve veranlasst. Die Grundlage dafür - die Verordnung über eine Winterreserve - läuft Ende 2026 aus.
Branche sieht Eigentumsgarantie verletzt
Ab 2025 wird die Wasserkraftreserve als Pflicht im Gesetz verankert, was die Branche widerstrebt. Der VSE monierte, das sei ein erheblicher Eingriff in das von der Bundesverfassung garantierte Eigentumsrecht und die Wirtschaftsfreiheit der Elektrizitätswerke.
Auch die erwarteten Einnahmen aus den Anlagen würden durch das Winterreserve-Obligatorium geschmälert, erklärte VSE-Sprecherin Bourdin. Diese Erträge würden die Stromproduzenten aber zur Amortisation der teilweise sehr hohen Investitionen brauchen.
Die Kosten und der entgangene Gewinn, die sich aus der Pflicht zur Wasservorhaltung in den Staudämmen ergeben, müssten daher gemäss Bundesverfassung vollumfänglich ausgeglichen werden.
Der grösste Schweizer Stromkonzern Axpo fügte hinzu, die Befugnisse der Elcom, über die Reserve zu verfügen, müssten so begrenzt werden, dass die Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit des Einsatzes gerechtfertigt sei und die Reserve dem tatsächlichen Bedarf entspreche.
(AWP)