Das Gericht in der norditalienischen Stadt Bologna rief den EuGH am Dienstag an, um den erst vergangene Woche von der Meloni-Regierung verabschiedeten Erlass prüfen zu lassen. Dabei geht es insbesondere um eine darin verankerte Liste von 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern von Migranten. Solche Listen sind auch in anderen Ländern der Europäischen Union umstritten. Melonis Umgang mit Mittelmeer-Flüchtlingen wird innerhalb der EU aufmerksam verfolgt.

Streit um Einstufung von sicheren Herkunftsländern

Grundlage ist der Fall eines Mannes, der Mitte Oktober mit 15 anderen Migranten aus Bangladesch und Ägypten auf einem Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer aufgegriffen und dann von einem italienischen Schiff nach Albanien gebracht worden war. Dort wurde sein Asylantrag binnen 24 Stunden abgelehnt. Ein Gericht in Rom entschied dann aber, dass alle Migranten nach Italien gebracht werden mussten, weil nach EU-Recht weder Bangladesch noch Ägypten völlig sichere Herkunftsländer seien. In dem neuen Erlass der Meloni-Regierung werden aber beide Staaten wieder so definiert.

Das Gericht in Bologna verwies nun auf eine EuGH-Entscheidung, wonach ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn tatsächlich alle gesellschaftlichen Gruppen im gesamten Land sicher sind. Zur Erläuterung zogen die Richter einen Vergleich mit Nazi-Deutschland: «Deutschland unter dem Naziregime war für die grosse Mehrheit der deutschen Bevölkerung ein äusserst sicheres Land: Abgesehen von Juden, Homosexuellen, politischen Gegnern, Menschen mit Roma-Volkszugehörigkeit und anderen Minderheitengruppen konnten sich mehr als 60 Millionen Deutsche eines beneidenswerten Zustands der Sicherheit erfreuen.»/cs/DP/mis

(AWP)