Für die Investoren gibt es eine ganze Reihe an Angeboten, ihre Aktien-Handelsgeschäfte unter dem Radar zu halten. Die unter dem Namen MiFID II bekannten Regeln, die in sechs Monaten eingeführt werden, sind für europäische Betreiber von Dark Pools bedeutsam - sie führen eine Obergrenze für Transaktionen ein, die laut einer Schätzung drei Viertel der grossen europäischen Aktien von den Handelsplattformen ausschliessen würde. Anleger lieben Dark Pools, weil sie ihnen ermöglichen, grosse Orders auszuführen, ohne dem Markt ihre Absichten kundzutun. Daher haben Unternehmen schnell noch Dienste eingeführt, mit denen Investoren die Vorschriften umgehen können.

"Die Broker-Branche wird ein ganzes Arsenal an Instrumenten schaffen, um den Handel im Verborgenen zu halten", sagt Rob Boardman, Leiter der Europa-Sparte des Dark-Pool-Betreibers Investment Technology Group. “Wenn es nicht mehr möglich ist, im Verborgenen zu handeln, sind die Auswirkungen insbesondere für aktive Manager sehr ernst."

Unternehmen haben bisher zwei wesentliche Wege eingeführt, die Obergrenze zu vermeiden. Goldman Sachs, Nasdaq und die Bats-Sparte von CBOE Holdings haben die erste Option gewählt: Sie haben Dienste geschaffen, mit denen ein Verbergen von Orders gegenüber anderen möglich ist, bis genügend Volumen aufgebaut ist, um eine Auktion auszulösen. Virtu Financial  hat einen anderen Ansatz gewählt und zusammen mit der Instinet-Tochter von Nomura Holdings einen systematischen Internalisierer (SI) entwickelt - ein Sonderstatus, der unbegrenzten verborgenen Handel (Dark Trading) zulässt. Liquidnet Holdings hat einen neuen Ansatz: Die Gesellschaft hat einen Algorithmus geschaffen, mit dem Händler wählen können, wo ihre Orders ausgeführt werden.

Werden Aktienkurse weniger genau?

Es gibt unterschiedliche Ansichten, wie die Lage nach MiFID aussehen wird. Europäische Aufsichtsbehörden sind besorgt, dass Dark Pools, die riesige Transaktionen verbergen und schützen sollen, statt dessen durch gestückelte, kleine, agorithmische Handelsgeschäfte dominiert werden. Sie argumentieren, dass das Abdriften des Marktes in das Verborgene die Kurse an den öffentlichen Börsen weniger genau machen könnte, was die Effizienz der öffentlichen Märkte schwächen würde.

Es geht dabei um einen Anteil von bis zu 10 Prozent am europäischen Aktienhandel, der auf verborgenen Plattformen stattfindet. Dort werden die Kurse nicht angezeigt, bevor ein Aktiengeschäft ausgeführt ist. Das spielt eine Rolle für grössere Vermögensverwalter, die häufig mehrere Prozent an den Unternehmen halten, in die sie investieren.

Die MiFID-Vorschriften verhindern, dass eine Aktie in einem Dark Pool gehandelt wird, wenn 8 Prozent vom Handelsvolumen innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums den Besitzer wechseln. Die Begrenzungen könnten Aufsehern helfen, ihre Position durchzusetzen: Zumindest ein Teil der ins Verborgene abgedrifteten Handelschäfte würde an die öffentlichen Märkte zurückkehren.

Die Komplexität wird ansteigen

Grosse Handelsgeschäfte werden weiterhin auf verborgenen Plattformen stattfinden unter Nutzung einer von der Europäischen Union genehmigten Ausnahmeregelung. Aber ob Händler mit kleineren Transaktionen periodische Auktionen oder SIs verwenden, um ihre Geschäfte im Verborgenen zu halten, die MiFID-Vorschriften werden jedenfalls zur Komplexität eines bereits fragmentieren europäischen Aktienmarktes beitragen.  

"Obergrenzen wie diese, die nicht auf empirischen Studien basieren, sind nicht nützlich, das Verhalten zu ändern", sagt David Howson, Chief Operating Officer bei Bats Europe. Es werde immer eine Notwendigkeit geben, nicht nur grosse Blöcke zu handeln, ohne dies dem Markt zu signalisieren, fügt er an.

Howson hofft, dass die periodische Auktionsmethode die Mehrheit vom Aktienhandel, der von Dark Pools verbannt ist, anlocken kann. Auktionen könnten besonders attraktiv sein, weil sie so häufig wie alle 100 Millisekunden stattfinden und Orders nur angezeigt werden, wenn genügend entgegengesetzte Orders da sind, um eine Auktion zu rechtfertigen. Das trägt dazu bei, zu verhindern, dass vor dem Handelsgeschäft Informationen an den Markt durchsickern, schreibt ITG in einer Studie.

"Die meisten Banken und Broker sagen, dass das von Interesse sei", erklärt Howson. "Wenn wir mit Marktteilnehmern sprechen, sind sie an Auktionen sehr interessiert."

Grosse Banken könnten Sieger sein

Wenn SIs die bevorzugte Plattform für Dark Trading nach Einführung der MiFID-Vorschriften werden, wäre das ein Sieg für die grossen Banken, deren interne Dark Pools etwa die Hälfte des Dark Trading ausmachen. Banken werden wohl die grössten SIs sein, aber die Hochfrequenz-Handelsgesellschaften können ab Januar, dem Startdatum von MiFID, ebenfalls systematische Internalisierer einrichten.

SIs haben ihre Einschränkungen: die Europäische Kommission hat verboten, dass sie für den Abgleich von Orders zwischen Kunden einer Bank verwendet werden. Das bedeutet, dass entweder der Käufer oder Verkäufer in einer Handelstransaktion der Betreiber vom SI sein muss.

"Es ist ganz klar, dass die Obergrenzen dem Dark Trading bei vielen Aktien den Garaus bereiten werden, aber wir könnten sehen, wie systemische Internalisierer und andere Ad-Hoc-Handelsarten aufblühen", sagt Niki Beattie, ein Berater, der Market Structure Partners in London leitet. "Die Welt entwickelt sich zu etwas anderem und wir wissen nicht, was es sein wird."

(Bloomberg)