Experten blicken aber insgesamt optimistisch in das neue Jahr, da sie dank Massenimpfungen mit einer allmählichen Rückkehr zur Normalität rechnen. "Wir sehen aktuell mehr Chancen als Risiken", sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Die wirtschaftliche Erholung sollte sich nach dem schwierigen Winterhalbjahr fortsetzen."

Zusätzlichen Schub versprechen sich Börsianer vom US-Konjunkturpaket im Kampf gegen die Corona-Krise und den Investitionsplänen des künftigen US-Präsidenten Joe Biden. Außerdem sorge die Einigung zwischen der EU und Großbritannien auf ein Freihandelsabkommen für Erleichterung. Es folgt ein Ausblick für ausgewählte Anlageklassen:

AKTIEN

Die Aktienrally an den Börsen dürfte sich nach Einschätzung von Experten bei einer Lockerung der aktuellen Pandemie-Beschränkungen und einer Genesung der Weltwirtschaft im kommenden Jahr fortsetzen. "Auch 2021 wird die Musik am lautesten jenseits des Atlantiks und in China spielen", meint Rainer Weyrauch, Manager der Fürst Fugger Privatbank. Die Wall Street eilte bereits seit Wochen von Rekordhoch zu Rekordhoch.

Den europäischen Aktienmärkten, die den US-Börsen bislang hinterherhinken, traut Emmanuel Cau von der Barclays Bank neue Hochs und ein Plus von 13 Prozent zu. "Notenbanken und Regierungen haben noch genug Pfeile im Köcher, um die wirtschaftliche Erholung zu stützen", sagte der Chef-Anlagestratege für europäische Aktien bei Barclays

ANLEIHEN

Bei Staatsanleihen sollten Investoren nach Meinung von Experten wählerisch sein, weil sich die Kurse bei vielen durch die massiven Käufe der Notenbanken kaum bewegten. Gleichzeitig könnte bei einer kräftigen wirtschaftlichen Erholung die Inflation anspringen, warnt Portfoliomanager Jaco Rouw vom Vermögensverwalter NN.

In diesem Fall dürften sich "Linker", deren Rendite an die Teuerungsrate gekoppelt ist, besonders gut entwickeln. Attraktiv seien auch Hartwährungsbonds von Schwellenländern, schreiben die Analysten der Bank Credit Suisse. Gleiches gelte für Unternehmensanleihen.

DEVISEN

Eines der Sorgenkinder für Devisenanleger ist das Pfund Sterling, das längerfristig unter Druck bleiben dürfte. Auch mit dem Freihandelsabkommen sei eines klar, warnt Nigel Green, Gründer und Chef des Anlageberaters deVere. "Das ist nicht das Ende des Brexit." Nach einem halben Jahrhundert der EU-Mitgliedschaft brauche die Wirtschaft Zeit, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Außerdem spiele die Bank von England (BoE) mit dem Gedanken negativer Leitzinsen, betont LBBW-Analyst Elmar Völker. "Realistische Chancen auf eine Umsetzung dieser Option bestehen vor allem für denjenigen Fall, dass die Volkswirtschaft der Insel weitergehenden Schaden aus dem 'Brexit' erfährt."

Aber auch beim Dollar erwarten Experten eine Abwertung. Die Aussicht auf eine Coronavirus-Impfstoff und eine Erholung der Weltwirtschaft mache die Weltleitwährung als "sicheren Hafen" unattraktiver, sagt Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Andere Börsianer verweisen auf die erwarteten weiteren Geldspritzen der US-Notenbank und zusätzliche staatliche Konjunkturprogramme. Die dürften neben der wirtschaftlichen Erholung auch die Inflation anheizen, wobei die Fed allerdings klar gemacht habe, dass Zinserhöhungen auf absehbare Zeit kein Thema sind.

EDELMETALLE

Für die Experten des Edelmetall-Händlers Heraeus steht Gold nach den jüngsten Kursrücksetzern vor einem Comeback. "Die Schwächephase beim Dollar dürfte den Goldpreis langfristig stützen. Damit wird die Feinunze für ausländische Investoren günstiger." Weiteren Rückenwind biete der mögliche Anstieg der Inflation, prognostizieren ihre Kollegen vom Vermögensverwalter Robeco. Da dies aber auch die Anleiherenditen nach oben treibe und Investoren in Bonds locke, werde die Aufwärtsbewegung von Gold & Co. an Schwung verlieren.

INDUSTRIEMETALLE

"Wie schon in diesem Jahr dürfte China im nächsten Jahr eine Hauptrolle spielen", prognostiziert Commerzbank-Analyst Daniel Briesemann. Vom geplanten Aufbau strategischer Metallreserven und dem Ausbau erneuerbarer Energien sollte vor allem Kupfer profitieren. Eine weitere Triebfeder sei die erhoffte Erholung der Weltwirtschaft durch die Überwindung der Corona-Pandemie.

Der Preis für Aluminium dürfte dagegen auf 1900 von derzeit rund 2000 Dollar je Tonne zurückgehen, fügt Briesemann hinzu. Er werde derzeit von spekulativ orientierten Investoren hoch gehalten, obwohl es ein Überangebot gebe.

Nickel traut der Commerzbank-Experte im kommenden Jahr einen Anstieg auf 18'000 von aktuell etwa 16'000 Dollar zu. In den darauffolgenden Jahren werde sich die Rally dank des Trends zur Elektromobilität noch beschleunigen.

ROHÖL

"Mit einer weiteren Erholung der Weltwirtschaft dürfte die Ölnachfrage 2021 recht deutlich zulegen, während das Angebot vorerst weiter beschränkt bleiben dürfte", prognostiziert Frank Schallenberger, Chef-Rohstoffanalyst der LBBW.

AGRARROHSTOFFE

Der Weizenpreis wird nach Einschätzung von Commerzbank-Analystin Michaela Helbing-Kuhl auch im kommenden Jahr hoch bleiben. "Selbst eine steigende Produktion 2021/22 bedeutet noch nicht, dass es zu einem großen Bestandsaufbau kommen wird, denn die Nachfrage dürfte weiter steigen", sagte Helbing-Kuhl. Auch bei Mais treffe eine geringere Ernte auf einen höheren Bedarf. Bei Sojabohnen übersteige in der Saison 2020/2021 die Nachfrage das Angebot trotz einer erwarteten Rekordernte.

Bei Kaffee gebe es aktuell zwar einen Angebotsüberhang, fügt Helbing-Kuhl hinzu. In der kommenden Saison 2021/2022 müsse jedoch mit erheblichen Ernte-Einbußen beim wichtigen Exporteur Brasilien gerechnet werden. Das Überangebot bei Kakao könnte dagegen wegen des Pandemie-bedingten Nachfrage-Rückgangs in der laufenden Saison größer ausfallen als bislang gedacht.

(Reuters)