Gleichzeitig dürfte sie bei der Ersatzwahl am 7. Dezember lediglich Aussenseiterinnen-Chancen haben. Die SP-Parteispitze wünschte zwar nach der Rücktrittsankündigung von Sommaruga ein Frauenticket, und wollte Kandidaturen aus der Westschweiz und auch aus dem Tessin ausdrücklich zulassen. Mit Baume-Schneider sässen vier "Lateiner" in der Regierung, und mit ihr sässe dort zugleich die erste Bundesrätin aus dem Kanton Jura.

Dass sie als Vertreterin der französischsprachigen Schweiz für den Bundesrat kandidiert, beeinflusste ihre Entscheidung nicht, wie Baume-Schneider vor den Medien in Bern sagte. Sie sei sich der Realitäten bewusst, und eine Annäherung von West- und Deutschschweiz sei wünschenswert.

Zudem sei sie zweisprachig und eines Deutschschweizer Dialekts mächtig, vertrete also die ganze Schweiz. So wechselte sie auch während der Medienkonferenz ins Schweizerdeutsche, da es ihr leichter von den Lippen komme.

Soziale Gerechtigkeit als Antrieb

Die Schweiz stehe vor grossen Herausforderungen, erklärte Baume-Schneider. Sie nannte Klimawandel, Migrationskrise, Inflation, Altersvorsorge und Kinderbetreuung als Beispiele. Diese Krisen würden die Menschen nicht gleich treffen.

Zentrales Anliegen ihrer gesamten Politikerinnenkarriere sei darum die soziale Gerechtigkeit, sagte die ehemalige jurassische Regierungsrätin. Als Wegweiser diene ihr im weiteren die Diversität der Bevölkerung, deren Wichtigkeit sie auch in der Sozialarbeit gespürt habe. Das Schicksal von Menschen in prekären Lagen habe sie in die Politik gebracht.

Konsens statt Revolution

In den 1980er Jahren engagierte sich Baume-Schneider in der damaligen Revolutionären Marxistischen Liga (RML). "Ich werde keine Revolution mehr anzetteln", sagte sie. Wichtiger sei es, die Dossiers und Argumente zu kennen. Danach gehe es um die Diskussion.

Baume-Schneiders Kooperationsfähigkeit strichen auch Nathalie Barthoulot, Innenministerin des Kantons Jura, und der Waadtländer SP-Nationalrat Samuel Bendahan vor. Sie sassen ihr zur Seite und attestierten ihr Qualitäten wie: respektvoll, verständnisvoll, populär, führungsstark und ausdauernd.

"Ihr Herz schlägt für die gesamte Schweiz", sagte Bendahan. Ist doch laut Baume-Schneider ihre Herkunft eine ihrer grössten Stärken. Regionen ohne urbane Zentren würden selten im Fokus der nationalen Politik stehen. Sie könne deren Anliegen und auch die Anliegen von Gegenden mit vielen geringer verdienenden Menschen in die Regierung einbringen. Die Arbeit im Kollektiv sei ihr dabei enorm wichtig. Lebenslang aus der Position einer Minderheit politisierend, sei sie konsensfähig.

Langjährige Exekutiverfahrung

Sie sehe sich durchaus als Alternative zu anderen Kandidaturen. Im weiteren hob Baume-Schneider ihre lange Exekutiverfahrung im Jura und ihre Führungsfunktionen in anderen Bereichen hervor.

Baume-Schneider ist seit 2019 Ständerätin. Dort präsidiert sie die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. 2002 wurde sie in die Regierung des Kantons Jura gewählt. Dort leitete sie das Erziehungs-, Sport- und Kulturdepartement.

Mit 68 Jahren will Baume-Schneider, die an Weihnachten 59 wird, nicht mehr im Bundesrat sitzen. Sie sei überzeugt, auch in kürzerer Zeit viel umsetzen zu können.

Würde Baume-Schneider gewählt, wäre der erst seit 1979 existierende Kanton Jura zum ersten Mal im Bundesrat vertreten. 1999 hatte der jurassische alt Ständerat und Staatsrat Jean-François Roth erfolglos für einen Sitz in der Landesregierung kandidiert.

(AWP)