Mit dem Schritt für eine Datenzentrale ausserhalb Russlands wolle das Unternehmen Bedenken von westlichen Regierungen entgegentreten, dass Russland die Software nutze, um Kunden auszuspionieren, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Sie beruft sich auf interne Dokumente und Angaben einer mit dem Projekt vertrauten Person.

Die Arbeit am sogenannten Transparenzzenturm in der Schweiz soll "innerhalb weniger Wochen" beginnen und bis Anfang 2020 abgeschlossen sein, wird der Insider zitiert. Kaspersky-Chef und Gründer Eugene Kaspersky habe die Pläne genehmigt. Das russische Unternehmen habe "solide Unterstützung" von Schweizer Behörden erhalten.

Im Schweizer Zentrum sollen laut Reuters dereinst verdächtige Dateien auf Computern von mehreren Millionen Kaspersky-Kunden aus den USA und der EU gesammelt und analysiert werden. Daten von anderen Kunden würden weiterhin ins Moskauer Datenzentrum gesendet.

DATEN AUS DER SCHWEIZ NACH MOSKAU

Elektronische Daten würden nur dann von der Schweiz nach Moskau übermittelt, wenn Anomalien entdeckt würden, die eine manuelle Überprüfung erforderten, erklärte der Insider. Er fügte hinzu, dass dies derzeit bei 99,6 Prozent der Fälle nicht nötig sei.

Eine dritte Partei soll die Aktivitäten im Schweizer Datenzentrum überwachen, um sicherzustellen, dass alle Anfragen für Dateien ordnungsgemäss abgewickelt würden. Diese sollten auch Aussenstehenden wie etwa ausländischen Regierungen für eine Überprüfung zur Verfügung stehen. Kaspersky will laut dem Bericht auch jene Abteilung in die Schweiz verlegen, die für die Codes seiner Anti-Viren-Software zuständig ist.

Eine Sprecherin von Kaspersky wollte sich zu den von Reuters eingesehenen Dokumenten nicht äussern. In einer Erklärung des Unternehmens heisst es, es schliesse die Pläne für die Eröffnung eines Transparenzzentrums in Europa in diesem Jahr ab. Damit solle das Versprechen des Unternehmens für globale Transparenz erfüllt werden.

WARNUNG AN MINISTERIEN

Die US-Regierung hatte im vergangenen Jahr ihren Verwaltungsstellen angeordnet, die Kaspersky-Software aus ihren Netzwerken zu entfernen. Kaspersky hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen und eine Klage gegen das US-Verbot eingereicht. Auch die britische IT-Sicherheitsbehörde warnte Ministerien vor der Verwendung von Kaspersky-Programmen.

Die Kritik, Kaspersky könne Verbindungen zum russischen Geheimdienst haben, ist nicht neu. Sie begleitet das Unternehmen fast seine 20-jährige Geschichte lang. Genährt werden die Vermutungen durch die Biografie des Gründers und Chefs Eugene Kaspersky, der nach seiner Ausbildung als Kryptografie-Experte auch beim sowjetischen Geheimdienst KGB tätig war.

(AWP)