Quer durch alle Fraktionen hindurch hiess es am Mittwoch im Berner Rathaus, dieses Papier sei gut und wertvoll. Da der Kanton Bern mit 55,8 Prozent der Aktien wichtigster Eigentümer der BLS sei, liege die Aufsichtspflicht des Kantons Bern auf der Hand.

Mehrfach sagten Fraktionssprecherinnen und -sprecher, die Kantonsregierung solle die acht im Bericht formulierten Empfehlungen der GPK ernst nehmen und umsetzen. Sehr deutlich, nämlich mit 150 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung, nahm der Rat den Bericht der GPK zur Kenntnis und stellte sich auf diese Weise hinter die Kommission.

Die BLS bezog von Bund und Kanton zu hohe Subventionen. Zuerst flogen Mängel beim sogenannten Zinsglättungsmodell auf. Dann wurde bekannt, dass das Unternehmen des öffentlichen Verkehrs zu tiefe Erlöse aus dem Tarifverbund Libero in seine Offerten eingerechnet hatte.

Das Bahnunternehmen musste dem Bundesamt für Verkehr 43,6 Millionen Franken an Subventionen zurückzahlen. Als Konsequenz trat BLS-Chef Bernard Guillelmon im September 2020 zurück.

In ihrem Mitte August präsentierten Bericht schreibt die GPK kurz zusammengefasst, die Aufsicht der BLS durch den Regierungsrat habe nicht gut funktioniert. Die Behörden seien zu wenig aktiv gewesen und hätten den Verwaltungsrat gewähren lassen.

Siegenthaler kritisiert Neuhaus. . .

GPK-Präsident Peter Siegenthaler (SP/Thun) kritisierte im Rathaus auch direkt den kantonalen Bau- und Verkehrsdirektor Christoph Neuhaus (SVP). Dieser wehrte sich nach der Publikation des Berichts gegen den Vorwurf der Passivität. In der Zeitung "Der Bund" sprach Neuhaus von einem "Schauprozess", den die GPK gerne gesehen hätte, nur um den Eindruck von Aktivität zu erwecken.

Diese Aussage diffamiere die Arbeit der GPK auf eine unzulässige Art, so Siegenthaler. Der GPK gehe es nur um die Sache. Auch die SP-Juso-PSA-Fraktion kritisierte ausdrücklich diese Aussage des Berner Regierungsrats.

Siegenthaler reagierte in seiner Rede auch auf ein kürzlich von Neuhaus' Direktion präsentiertes Gutachten zur Aufsicht des Kantons Bern über die BLS. Dieser Expertise zufolge gibt es beim Bestellverfahren des Kantons Bern im öffentlichen Verkehr keine gravierenden Mängel. Im Bericht steht auch, die Aufsicht über den öffentlichen Verkehr liege beim Bund.

Es sei eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen, im öffentlichen Verkehr die Aufsicht wahrzunehmen, sagte dazu der GPK-Präsident. Dass der Kanton Bern die Aufsicht bei der Bahn auch tatsächlich innehabe, zeige die Tatsache, dass das kantonale Amt für öffentlichen Verkehr seinerzeit Ungereimtheiten in den Offerten der BLS festgestellt habe.

. . . und dieser wehrt sich

"Die Fehler wurden aufgedeckt, die Gelder zurückgezahlt, die BLS-Spitze ist neu besetzt und die interne Governance bei der BLS wird erneuert - eine solche Bilanz gibt es nicht, wenn man passiv ist": So reagierte Bau- und Verkehrsdirektor Neuhaus auf Siegenthalers Kritik.

Die Berner Regierung habe sehr wohl gehandelt, aber "wohlüberlegt und verhältnismässig" - im Dienst der BLS und ihrer Angestellten, so Neuhaus weiter. Sie verfolge eine Politik der kleinen Schritte und suche keinen grossen Paukenschlag.

Die BLS hätte das Recht gehabt, die Rückzahlung der Subventionen zu verweigern, sagte Neuhaus. Diesbezüglich habe er im Verwaltungsrat interveniert. Die Kantonsregierung weise den Vorwurf zu grosser Passivität nach wie vor zurück. "Sie kann aber auch nachvollziehen, wie die GPK zu dieser Auffassung kommt".

Die GPK habe ein grosses Engagement gezeigt. Die Kantonsregierung sei überzeugt, dass Optimierungen möglich seien, und sie werde die Empfehlungen der Kommission detailliert prüfen.

Zu diesen Empfehlungen gehört unter anderem, dass die Berner Regierung ein neues Gesetz erlässt. Darin soll die Aufgabe umrissen werden, welche der Kanton Bern bei diesem Unternehmen einnehmen soll. Die GPK fordert auch ein kantonales Kompetenzzentrum, das die Beteiligungen des Kantons Bern an Unternehmen wie der BLS managen soll.

mk/

(AWP)