In der Automobilbranche sollen in den kommenden Jahren Zehntausende Jobs wegfallen. Denn in einer elektrifizierten Autowelt braucht es viel weniger Arbeitskräfte, so das Szenario. Radikale Umbrüche gehen auch in der Finanzbranche vor sich. Mit Kostensenkungen, Filialschliessungen und tiefen Einschnitten bei der Belegschaft wollen sich die Banken in die Zukunft retten.

Das sind Vorboten einer Arbeitswelt, in der menschliche Arbeit von Maschinen übernommen, Prozesse ausgelagert und Stellenprofile neu definiert werden. In Anbetracht solch unsicherer Aussichten entscheiden sich immer mehr Angestellte für einen proaktiven Szenenwechsel, um einer Entlassung zuvorzukommen: Mechaniker werden Buschauffeure, Mediensprecher werden Primarlehrer, Unternehmensberater werden Seelsorger.

Der Trend ist klar: Wer eine berufliche Zukunft haben will, muss flexibel, offen und mutig sein – und immer bereit für eine Neuorientierung.

Darum gehts in der diesjährigen, fast schon traditionellen Interviewserie von cash.ch zum Jahresende. Nach Auslandschweizern (2013), jungen Schweizer Frauen (2014) und Start-up-Unternehmen (2015) haben wir in diesem Jahr mit Leuten gesprochen, die in ihrem Leben einen fundamentalen Neuanfang gewagt haben. Die sich beruflich und privat aufs Glatteis begeben haben – und heute meist fester im Leben stehen als je zuvor.

So wie Marcel Bühler, der seinen gut dotierten Bankerjob an den Nagel hängte und sich zum Weinbauern ausbilden liess. Im ersten Teil unserer Interviewserie erzählt er, wie er den Spass an der Finanzbranche zusehends verlor und schliesslich einen mentalen "Ermüdungsbruch" erlitt. Heute erfreut er sich an vermeintlich kleinen Dingen. Zum Beispiel, wenn jemand seine Weine mag.

Neben solchen freiwilligen Umsteigern gibt es unzählige Beispiele von Personen, die sich nicht aus freien Stücken neu orientieren, sondern zu einem Wechsel gezwungen werden. Wer in einem solchen Fall bereits einen Plan B hat, dem fällt eine Entlassung bestimmt leichter. Doch die Realität ist häufig eine andere. Viele Menschen machen sich keine Gedanken über eine Alternative und "krallen sich an ihrem Job fest", wie es Weinbauer Bühler beschreibt.

Gerade Angestellte in der Finanzbranche sind nach einer Entlassung schwierig zu vermitteln, sagte unlängst ein Jobberater zu cash. Die Bereitschaft, den Lebensstil einem tieferen Einkommen anzupassen, ist vielerorts nicht vorhanden.

Andererseits gibt es Branchen, die explizit nach Quereinsteigern suchen. Die pädagogische Hochschule Zürich etwa bietet für Personen mit Berufserfahrung eine Primarlehrer-Ausbildung im Schnelldurchgang an. Und die Verkehrsbetriebe Zürich suchen im Internet offensiv "flinke Kellnerinnen, ambitionierte Coiffeusen und aufgeweckte Bäckerinnen für unsere Tramcockpits".

Das zeigt: In einer Zeit, in der arbeitswilligen Personen über 50 ein kalter Wind entgegenbläst und in der verschiedene Branchen vor dem grösstem Umbruch seit Jahrzehnten stehen, gibt es für Leute mit breitem Horizont und Mut zur Neuorientierung einen Markt.