Bis Ende Juni sicherte ein Urteil des Supreme Court von 1973 das Recht auf Abtreibung - Schwangerschaftsabbrüche waren bundesweit mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt. Diese Entscheidung wurde von der rechten Mehrheit des Gerichts mit einem historischen Urteil aufgehoben. Damit können die Parlamente in den Bundesstaaten oder der Kongress per Gesetz entscheiden, ob und wie Abtreibung erlaubt oder verboten ist. In zahlreichen Bundesstaaten sind Abtreibungen nun weitgehend verboten. Ein bundesweites Gesetz gibt es bisher nicht.

Nach der Entscheidung des Supreme Court kam es landesweit zu Protesten. Biden und seine Demokraten verurteilten die Entscheidung und griffen das Gericht an. Eine Mehrheit der Bevölkerung unterstützt laut Umfragen das Recht auf Abtreibung. "Wenn sich die Republikaner mit einem nationalen Verbot durchsetzen, wird es keine Rolle spielen, wo Sie in Amerika leben", warnte Biden nun in seiner Rede. Er würde als US-Präsident zwar sein Veto gegen ein bundesweites Verbot einlegen. Entscheidend sei aber, dass der Kongress ein bundesweites Gesetz verabschiede, welches das Recht auf Abtreibung schütze.

Das ist allerdings gar nicht so einfach. Die Demokraten im US-Kongress haben bereits versucht, ein bundesweites Gesetz zu verabschieden. Ihnen fehlt dazu aber die notwendige Mehrheit im Senat. Das dürfte sich auch nach den Kongresswahlen kaum ändern. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Demokraten die Kontrolle über das Repräsentantenhaus behalten und noch genügend Sitze im Senat hinzugewinnen, um im Senat den Filibuster zu überwinden und ein solches Gesetz durch den Kongress zu bringen.

Die Filibuster-Regelung besagt, dass bei vielen Gesetzesvorhaben 60 der 100 Senatoren einem Ende der Debatte zustimmen müssen, damit es überhaupt zu einem Votum in der Kongresskammer kommen kann. Eine realistischere Option wäre also, den Filibuster bei der Abtreibungsgesetzgebung auszusetzen. Zuletzt hatte sich Biden nach langem Sträuben doch offen dafür gezeigt. Im Moment aber haben die Demokraten im Senat dafür noch nicht mal in den eigenen Reihen genug Stimmen. Es ist fraglich, ob sich das nach den Wahlen ändern wird.

Seit der Entscheidung des Supreme Court versuchen die Demokraten, mit dem Thema Anhängerinnen und Anhänger zu mobilisieren. Offen ist, ob die grosse Empörung bei einigen Menschen mittlerweile etwas verpufft ist. Umfragen zeigen, dass die Wählerinnen und Wähler derzeit vor allem auf Wirtschaftsfragen schauen. Die hohe Inflation und die hohen Benzinpreise sind für Biden daher ein riesiges Problem. Die Republikaner greifen die Demokraten von dieser Seite immer wieder heftig an.

Dem scheint Biden nun etwas entgegen halten zu wollen - an diesem Mittwoch will er eine Rede zu Benzinpreisen halten. Die Sprecherin des Weissen Hauses, Karine Jean-Pierre, sagte dazu nur, Biden werde deutlich machen, was er vorhabe, um die Benzinpreise zu senken./nau/DP/zb

(AWP)