Das Unternehmen von Michael Zahn besitzt mehr als 160'000 Wohnungen und sieht dafür keinerlei Anzeichen. "Deutschland hatte über 20 Jahre kein Wachstum auf der Immobilien-Seite - Null", sagt der 54-jährige Vorstandschef von Deutsche Wohnen in einem Interview mit Bloomberg. "Ich würde mal sagen: Deutschland hat jetzt aufgeholt. Das heisst nicht, dass wir am Peak sind."

Die Preise am deutschen Wohnimmobilienmarkt haben sich seit 2010 um etwa 60 Prozent verteuert, schrieb Fitch Ratings in einem Bericht in der vergangenen Woche. Das ist ein beispielloser Anstieg für einen Markt, der relativ langsam auf Wohneigentum setzte und ausländische Investoren angezogen hat.

"Die Immobilienrenditen sind in den Grossstädten extrem unter Druck geraten", sagt Udo Cordts-Sanzenbacher, Co-Head Residential Investment bei BNP Paribas Real Estate in Frankfurt. "Andererseits gibt es eine riesige Liquidität in dem Markt und die Preise sind, gemessen an internationalen Standards, noch relativ niedrig."

Berlin, Heimatstadt von Deutsche Wohnen und ihr bedeutendster Markt, ist wohl der grösste Gewinner aus dem Boom. In diesem Monat belegte die Stadt den Spitzenplatz in einer von Knight Frank erstellten globalen Rangliste von 150 Wohnimmobilienmärkten. Damit besiegelte die Stadt ihre Transformation von einem verschlafenen Nest zu einem der begehrtesten Standorte in Europa. Drei andere deutsche Hot-Spots - Hamburg, München und Frankfurt - tauchten ebenfalls in den Top 10 auf.

Vom Tempo der Veränderung überrascht

Zahn hat seine gesamte Karriere bei Immobilienkonzernen in Berlin verbracht. Aber selbst er war vom Tempo der Veränderung überrascht, die er auf die steigenden Einwohnerzahlen der Metropole sowie auf eine rekordniedrige Arbeitslosigkeit, einen Mangel an neuen Objekten und auf hohe Liquiditätsniveaus zurückführt. "Ich glaube, dass Berlin ein deutliches Aufwärtspotenzial hat", sagt er.

Nicht jeder ist so optimistisch für den deutschen Immobilienmarkt. Fitch prognostizierte in der vergangenen Woche, dass der Preisanstieg sich in diesem Jahr auf 5 Prozent abschwächen wird und 2019 auf 3 Prozent, verglichen mit 8,6 Prozent im vergangenen Jahr.

In einem Bericht vom Januar sagte die Deutsche Bank, das Risiko einer Blase nehme zu, während einen Monat später die Deutsche Bundesbank ihre Besorgnis bezüglich des Booms ausdrückte. Ihrer Einschätzung nach könnten Immobilien in Städten wie Berlin, Frankfurt oder München um bis zu 35 Prozent überbewertet sein.

"Markt-Crashs werden in der Regel durch eine zu starke Bautätigkeit ausgelöst, und das Gegenteil gilt für viele deutsche Städte", sagt Michael Voigtländer, leitender Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Ein möglicher Rückgang bei der Einwanderung ist ein grösseres Thema, meint Voigtländer, der mit wenig veränderten Preisen im nächsten Jahr nach einem weiteren Anstieg 2018 rechnet.

Steigende Fremdkapitalkosten dürften ebenfalls die Nachfrage dämpfen. Die Deutsche Bank erwartet, dass die 5- bis 10-jährigen Hypothekenzinsen bis Ende des Jahres auf 2 Prozent anziehen, von etwa 1,7 Prozent derzeit. Jedoch dürfte das Tempo des Anstiegs - von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend - die Auswirkungen begrenzen, sagt die Helaba.

Weniger grosse Portfolios kommen an den Markt

Zahn ist im Dezember 2008 zum Vorstandsvorsitzenden von Deutsche Wohnen berufen worden. Seitdem haben sich die Mieteinnahmen mehr als verdoppelt, wozu auch Akquisitionen wie die 3,4 Mrd. Euro schwere Übernahme von GSW Immobilien und der Erwerb von 13'500 Wohnungen von Patrizia Immobilien AG für 1,1 Mrd. Euro beigetragen haben. Das hat den Marktwert auf mehr als 13 Mrd. Euro getrieben.

Jedoch kann Zahn nicht länger auf Übernahmen für Wachstum setzen, da weniger grosse Portfolios an den Markt kommen. "Heutzutage ist unsere Strategie nicht M&A, sondern Asset Management", sagt er.

Deutsche Wohnen investiert 1 Mrd. Euro, um den Wert ihrer Immobilien zu steigern. Dazu gehören die Modernisierung von Objekten, die Vergrösserung durch ein zusätzliches Stockwerk oder in einigen Fällen ein Umbau.

"Ich bin nicht der Meinung, das wir in der Lage sind, so zu wachsen wie das in den letzten drei oder vier Jahren der Fall war," sagt Zahn. "Das ist der Grund, warum wir heute massiv in unsere Bestände investieren."

(Bloomberg)