Der Ausverkauf an den Aktienmärkten im Mai wurde von einem ungewöhnlichen Mass an Volatilität begleitet. Zwar sind klare Volatilitätsausbrüche erkennbar. Diese sind jedoch noch nicht so stark ausgefallen, wie man es aufgrund der kürzlichen Bewegungen an der Börse erwarten würde.

Ein grosses Mass an Volatilität war typischerweise immer ein verlässlicher Anhaltspunkt, um am Aktienmarkt wieder einzusteigen. Momentan ist dies jedoch nicht der Fall.

Inflation schwer zu bändigen

Der Aktienmarkt hat zwar mehrmals versucht, sich von kürzlichen Tiefpunkten zu erholen, aber diese Bewegungen waren bislang nur wenig überzeugend. Denn die hohe Inflationsrate ist nur schwierig zu bändigen. Die Zentralbanken müssen deshalb auch extremer vorgehen, was die Hoffnung auf eine eine Wirtschaftserholung nur noch weiter trübt.

Auch wenn die meisten Ökonomen noch nicht von einer Rezession in Europa ausgehen, haben sich ihre Wachstumsprognosen dennoch eingetrübt. Dies hat sich noch nicht in den Erträgen niedergeschlagen und lässt die Aktien vordergründig billig erscheinen.

"Die Korrektur, welche an den Aktienmärkten vorgenommen wurde, ist vor allem auf die Wertanpassungen zurückzuführen," sagen HSBC-Strategen rund um den Leiter Max Kettner. Sie fügen weiter dazu an, dass Wachstumsrisiken bisher unterschätzt wurden. "Wir glauben, dass der Wachstums-Schock in den nächsten paar Monaten den Zins-Schock dominieren wird", so Kettner weiter. Damit bekräftigt er seine Haltung, dass die Gewichtung von Aktien weiter reduziert werden sollte.

Abwärtstrend unaufhaltbar

Vor diesem Hintergrund erhöhen Anleger ihre Sicherungsgeschäfte immer weiter. Deren immer grösser werdende Anzahl ist besorgniserregend. Täglich werden nämlich 1,2 Millionen Kontrakte abgeschlossen. Das ist fast das Doppelte vom letztjährigen Monatsdurchschnitt. Aber es gab noch keine extremen Werte beim Volumen. Dies würde darauf hindeuten, dass das grösstmögliche Mass an Angst bereits eingepreist ist. 

Kurzfristig gesehen scheint auch der Euro Stoxx 50 Future-Index seinen Abwärtstrend nicht aufhalten zu können. Auch scheint es unwahrscheinlich, dass der Kurs neue Höhen erreichen wird. "Der 50-tägige gleitende Mittelwert und die Fibonacci-Retracement von 38,2 Prozent stellen einen bedeutenden Widerstand dar", sagt Christian Curac, der technische Analyst der Fürst Fugger Privatbank. "Wahrscheinlich ist es noch immer zu früh, die Einsätze am Aktienmarkt um ein grosses Mass zu erhöhen", meint er weiter.

Grund zur Hoffnung?

Einige Strategen sind jedoch optimistischer eingestellt. Oder zumindest weniger pessimistisch. Eine Bloomberg-Umfrage unter Strategen stellt nämlich zum Jahresende hin einen Rückgang des Stoxx Europe 600 um 2,5 Prozent fest. Bei Goldman Sachs und JPMorgan geht man hingegen davon aus, dass die Ängste vor einer Rezession in den USA übertrieben sind.

Jedoch ist es auch möglich, dass die Kurse noch stärker fallen werden. Während früherer grösserer Börsencrashs ist der Euro Stoxx 50 durchschnittlich um 45 Prozent gefallen. Bisher betrug der Sturz hingegen nur 20 Prozent.

Gurmit Kapoor, ein Aurel Cross-Asset-Sales-Trader, betont, dass ein solcher Rückgang vom Höhepunkt bei 4400 Punkten den Stoxx-Index fast auf seine langfristige Trendlinie bei etwa 2500 Punkten bringen würde. "Alles ist möglich", meint er dazu weiter.

(Bloomberg/cash)