Zu Protesten kam es in mindestens 27 Provinzhauptstädten, darunter Rio de Janeiro, Sao Paulo, Recife und Salvador sowie in der Hauptstadt Brasília. Nach Protesten im Januar, Mai, Juni und Anfang Juli war dies bereits das fünfte Mal, dass die Menschen im ganzen Land gegen Bolsonaro auf die Strassen gingen.

Zu den Demonstrationen hatten Gewerkschaften und linke Gruppen aufgerufen. Auf Transparenten war zu lesen: "Bolsonaro - korrupter Völkermörder. Amtsenthebung jetzt" und "Wir wollen Impfungen, er Schmiergeld. Weg mit Bolsonaro". Grösstenteils blieben die Demonstrationen friedlich. In Sao Paulo kam es am Rande allerdings zu Randale und Demonstranten schlugen die Scheiben von Geschäften ein.

Die Zustimmung zu Bolsonaros Amtsführung sinkt immer mehr. Anfang des Monats lehnten 51 Prozent der Befragten die Politik des Präsidenten in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Datafolha ab. Das war das schlechteste Ergebnis seit Bolsonaros Amtsantritt 2019.

Die Regierung von Präsident Bolsonaro verharmloste die Pandemie von Anfang an und stemmte sich mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen gegen harte Ausgangsbeschränkungen. Zuletzt zog Bolsonaro auch den Sinn von Impfungen in Zweifel. Mittlerweile prüft ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Bolsonaros Krisenmanagement in der Pandemie.

Brasilien gehört zu den am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern. Bislang haben sich fast 20 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Jeden Tag kommen im Durchschnitt etwa 50 000 Neuinfektionen hinzu. Fast 550 000 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben - mehr Tote gibt es nur in den USA.

In Brasilien sind seit Beginn der landesweiten Impfkampagne im Januar mehr als 130 Millionen Impfstoffdosen verabreicht worden. Etwa 40 Prozent der erwachsenen Brasilianer haben eine Einzeldosis bekommen, rund 17 Prozent sind vollständig geimpft. Angesichts fehlender Impfdosen setzten die brasilianische Metropole Rio de Janeiro und andere wichtige Städte allerdings zuletzt erneut die Erstimpfungen gegen das Coronavirus aus.

Die Kritik der Demonstranten reichte am Samstag allerdings über das Corona-Krisenmanagement hinaus. Unter anderem richteten sich die Proteste gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Die Menschen verlangten zudem mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger und die Umweltzerstörung sowie die Achtung der Rechte indigener Völker./dde/DP/he

(AWP)