Für kleine und mittlere Unternehmen sollen zudem Bürokratiehürden und damit verbundene Kosten reduziert werden. Die Nationalstaaten müssten den Vorschlägen einstimmig zustimmen, damit sie Gesetz werden können.

In der EU existiert aus historischen Gründen ein Flickenteppich an Umsatzsteuer-Regelungen. Dadurch ist es manchen Staaten erlaubt, für bestimmte Produkte Ausnahmen einzusetzen, während diese in einem Nachbarstaat voll besteuert werden. In Deutschland gelten in der Regel ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und ein ermässigter Satz von 7 Prozent. Für den öffentlichen Haushalt spielen die Einnahmen eine wichtige Rolle.

Steuern zu erheben beziehungsweise Steuersätze festzulegen liegt in der Kompetenz der einzelnen Nationalstaaten. Auf EU-Ebene gibt es aber Rahmenbedingungen und Mindestsätze.

Der EU-Kommission zufolge soll der Standard-Mehrwertsteuersatz nun weiterhin mindestens 15 Prozent betragen. Zusätzlich könnten die Staaten individuell drei reduzierte Sätze für einzelne Produktkategorien festlegen. Zwei davon müssten zwischen 5 Prozent und dem jeweiligen Standardsteuersatz liegen. Der dritte dürfte zwischen 0 Prozent und den jeweils festgelegten reduzierten Sätzen liegen. Zudem wäre es den Staaten erlaubt, auf bestimmte Waren gar keine Mehrwertsteuer zu erheben.

Für bestimmte Produkte - wie Alkohol, Waffen oder Tabakwaren - wären künftig keine ermässigten Steuersätze erlaubt. Dabei spielten unter anderem Sorgen um die öffentliche Gesundheit eine Rolle, sagte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits 2016 mehr Flexibilität bei der Mehrwertsteuer befürwortet. Vor allem Grossbritannien hatte wegen eines Streits um die sogenannte Tamponsteuer Druck gemacht. EU-Kritikern auf der Insel war es ein Dorn im Auge, dass auf Damen-Hygieneartikel bislang mindestens fünf Prozent Mehrwertsteuer fällig werden. Künftig könnten Hygieneprodukte möglicherweise von der Steuer befreit werden.

Bei den Vorschlägen geht es zudem um das Bekämpfen des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrugs mit Ausfällen für die öffentlichen Kassen in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr. Die EU-Kommission hatte dafür im Oktober zudem Pläne für einheitliche Steuerregelungen beim grenzüberschreitenden Handel vorgelegt.

Für kleine und mittlere Unternehmen will die Brüsseler Behörde künftig noch bürokratische Hürden und damit verbundene Kosten senken. Nach derzeit geltendem Recht können die Nationalstaaten diese Unternehmen teils von der Umsatzsteuer befreien. Die nationalen Schwellenwerte dafür schwanken allerdings. Zudem ist es nur möglich, wenn die Firmen nicht grenzüberschreitend tätig sind.

Künftig soll nun EU-weit ein Umsatzgrenzwert von zwei Millionen Euro gelten, bis zu dem Kleinunternehmen Reduzierungen in Anspruch nehmen könnten. Zudem sollen auch Firmen erfasst werden, die über EU-Grenzen hinweg tätig sind.

"Die Vorschläge sind ein weiterer Schritt in Richtung eines einheitlichen Mehrwertsteuersystems in Europa", sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici.

Gemischte Reaktionen gab es aus dem Europaparlament. "Es ist goldrichtig, dass die Europäische Kommission endlich Kleinunternehmen bei der Mehrwertsteuer entlasten will - unabhängig davon, wo sie registriert sind und unabhängig von den Regeln der Mitgliedstaaten", meinte der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold. "Leider macht die Europäische Kommission keinen Versuch, die Sätze für stark ermässigte Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für Waren und Dienstleistungen passen nicht zum Europäischen Binnenmarkt."/asa/DP/jha

(AWP)