Im konkreten Fall war 2017 die Scheidung eines Paares nach 45 Jahren wegen grossen Eheproblemen ausgesprochen worden. Auf eine Beschwerde hin hat das Waadtländer Kantonsgericht den Entscheid des Scheidungsrichters bestätigt, wonach keiner der Ehepartner dem anderen Unterhaltszahlungen schuldet.

Die Waadtländer Richter haben sich bei ihrem Entscheid vor allem auf das Verhalten des Ehemannes gestützt. Durch seine Inaktivität sowie seine Leidenschaft für Geldspiele war er in den Augen der Richter selber verantwortlich für seine schwierige finanzielle Lage.

Zudem habe er seine Ehefrau und die beiden Kinder sowohl psychisch wie auch physisch misshandelt. Die ältere Tochter habe er aus der Familienwohnung hinausgeworfen, weil sie zu teuer sei. Und dies, obwohl sie noch klar minderjährig war.

Vor dem Bundesgericht hat der Mann nun von der Pensionskasse seiner Ex-Frau eine monatliche Rente von 1437 Franken eingefordert, die sich aus einem Kapital von 274'576 Franken berechnet hat.

Unterschiedliche Finanzsituation

In der Tat war die finanzielle Situation der beiden Ehepartner sehr unterschiedlich: Die Frau erhielt eine Rente von insgesamt rund 7000 Franken pro Monat, während der Mann, der nur von Zeit zu Zeit als Maler-Gipser tätig war, nur 1700 Franken Rente kassieren sollte.

In einem am Dienstag veröffentlichten Urteil bestätigte das Bundesgericht nun zwar die grundsätzliche Regel, dass die Guthaben aus der beruflichen Vorsorge jeweils zur Hälfte geteilt werden müssen.

Aus wichtigen Gründen könne der Scheidungsrichter aber von diesem Grundsatz, der seit dem 1. Januar 2017 gilt, abweichen. Dies gelte beispielsweise, wenn sich herausstellen sollte, dass es aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Ehepartner ungerecht sei.

Normalerweise könne das Verhalten der Ehepartner während der Ehe nicht als Kriterium berücksichtigt werden. Einzig besonders schockierende Umstände könnten Vorrang vor den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beiden Ehepartner haben und damit ein Abweichen vom Grundsatz erlauben, wonach die Guthaben hälftig geteilt werden müssen.

(AWP)