Ob es in diesem Winter zu einer Gasmangellage kommen wird, lässt der Bundesrat offen. "Das lässt sich nicht prognostizieren und hängt nebst meteorologischen vor allem auch von geopolitischen Faktoren ab", sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Medien in Bern. Momentan sehe es aber gut aus. Gleichwohl könne man einen Mangel nicht ganz ausschliessen.

Tritt das Worst-case-Szenario ein, wissen Bevölkerung und Wirtschaft nun, was in etwa auf sie zukommen wird. Die Wirtschaft hatte einen klaren Notfallplan gefordert. "Wir sind bereit für alle Fälle", so Parmelin. Der Bundesrat könne schnell reagieren. Bevölkerung und Wirtschaft müssten aber flexibel bleiben.

Tatsächlich wird die Verordnung über Verbote und Beschränkungen der Verwendung von Gas wie auch die Verordnung über die Kontingentierung des Gasbezugs aber erst im Zeitpunkt einer Mangellage vom Bundesrat in Kraft gesetzt. Die Massnahmen könnten auch von einer Region zur anderen variieren.

20 statt 19 Grad in Innenräumen

Konkret sieht die Landesregierung vor, dass für mit Gas beheizte Innenräume eine Temperatur von 20 Grad gelten soll. Im ursprünglichen Verordnungsentwurf war von 19 Grad die Rede gewesen. 20 Grad seien leichter zu messen und zu regeln, erklärte Parmelin. 20 Grad entsprächen der Nummer drei auf dem Heizungsschalter.

Verboten werden soll zudem das Heizen von ungenutzten Räumen, Schwimmbädern, Dampfbädern und Saunen sowie der Betrieb von Heizstrahlern, Warmluftvorhängen, Gasfeuern, Hochdruckreinigern und Warmluftzelten. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für Privathaushalte.

Die Einhaltung der Temperatur obliegt laut dem Bundesrat den Mieterinnen und Mietern, sofern sie die Temperatur selbst regulieren können, sowie den Eigentümern von Wohnungen. Verstösse gegen diese Pflicht werden verfolgt. Es werde jedoch keine Polizei geben, die mit dem Thermometer von Haus zu Haus gehe, um die Temperatur zu messen, sagte Parmelin.

Das Wirtschaftsdepartement wird die Möglichkeiten von Ordnungsbussen für Verstösse prüfen und den Bundesrat Ende Januar 2023 informieren. Falls die Massnahmen in Kraft gesetzt würden, gäbe es wohl Stichprobenkontrollen wie im Strassenverkehr und im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie.

Handel mit Kontingenten möglich

Noch geprüft wird eine kurzfristige Abschaltung von Grossverbrauchern. Damit soll innert 24 Stunden die Einsparung grosser Energiemengen erzielt werden. Der Bundesrat hat das Wirtschaftsdepartement damit beauftragt, Abgeltungsmöglichkeiten und die Überwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf die Gastarife zu prüfen.

Vom Tisch sind dagegen zusätzliche Ausnahmen von der Kontingentierung, "da damit die Wirksamkeit gefährdet würde", wie der Bundesrat schreibt. Mit der Sofortkontingentierung erhielten die Netzbetreiber ein wirksames Instrument, um bei kurzfristig eintretenden Versorgungsengpässen die Netzstabilität zu sichern.

Ziel ist es laut dem Bundesrat, bei eingeschränkter Versorgung den Handel mit Kontingenten zu ermöglichen, um damit den möglichen Schaden bei den Verbrauchern der Wirtschaft so tief wie möglich zu halten. Die Details dazu sind noch in Abklärung.

Parmelin betonte, dass das oberste Ziel bleibe, ganz auf die Verordnungen verzichten zu können. Die Branche habe durch den Kauf zusätzlicher Gasmengen vorgesorgt, sagte Urs Näf, Leiter Fachbereich Industrie der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL). Erst wenn Nachbarstaaten Exportverbote verfügen würden, gäbe es Probleme. Zuerst könnte aber auf Gasspeicher in Frankreich zurückgegriffen werden.

Der Bundesrat hat zudem weitere Massnahmen ergriffen, um eine Mangellage zu verhindern, etwa die Umstellung von Gas auf Benzin bei Zweistoffanlagen. Letztlich könne jede und jeder einen Beitrag leisten, sagte Parmelin - "indem wir Energie sparen".

(AWP)