Die Schweiz habe Schutzmachtmandate, in denen sie die Interessen der USA gegenüber dem Iran vertrete sowie die iranischen Interessen in Saudi-Arabien und die saudischen im Iran. Der israelische Präsident habe die Beziehungen der Schweiz zum Iran angesprochen und "uns eingeladen zu helfen, dass man die Region befrieden kann", sagte Schneider-Ammann nach der Zusammenkunft am Sonntag.

Durch den Krieg im Nachbarland Syrien hat Teheran seinen Einfluss in der Region ausgeweitet und ist dadurch näher an die Grenzen Israels herangerückt. Auf der anderen Seite steht Saudi-Arabien, das den iranischen Einfluss zurückzudrängen sucht.

GUTE DIENSTE ANGEBOTEN

Israel hat an der Grenze eine rote Linie von 60 Kilometern für Milizen gezogen, die vom Iran unterstützt werden. Der jüdische Staat hält sich zwar weitgehend aus dem Konflikt im Nachbarland heraus, seine Luftwaffe hat jedoch mehrmals Waffentransporte an die libanesische Hisbollah angegriffen, die vom Iran unterstützt wird. Die mit Israel verfeindete Miliz kämpft an der Seite der syrischen Truppen.

Einen konkreten Wunsch für die guten Dienste der Schweiz habe Rivlin nicht geäussert, sagte Schneider-Ammann im Interview: "Er hat gebeten, dass wir helfen, die Welt friedlicher zu machen. Ich habe ihm unsere guten Dienste angeboten."

EINTRITT KURZZEITIG VERWEIGERT

Vor seinem Besuch war Schneider-Ammann am Rande mit der gespannten Stimmung durch den Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser in Berührung gekommen. Der Schweizer Wirtschaftsminister wurde am Eingang zum muslimisch verwalteten Tempelberg von israelischen Polizisten vorübergehend aufgehalten.

Die Israelis verweigerten den bewaffneten Schweizer Leibwächtern den Eintritt, obwohl diese eine Erlaubnis der israelischen Behörden hatten, ihre Waffen zu tragen. Schneider-Ammann und die über 40-köpfige Schweizer Delegation standen gut eine Viertelstunde vor dem Eingang zum Tempelberg nahe des Löwentors diskutierend herum.

Schliesslich wurde ein Kompromiss gefunden. Zwei Schweizer Personenschützer begleiteten unbewaffnet den Bundesrat, während die anderen mit den Waffen ihrer Kollegen vor dem Eingang warteten.

BUNDESRAT GELASSEN

Schneider-Ammann nahm den Vorfall gelassen: "Dieser Prozess hat mich nicht wirklich nervös gemacht", sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur sda. Es musste geklärt sein, wer wer ist, und wer die Kompetenzen in Sicherheitsfragen hat. Es war für mich eine klärende Absprache - nicht mehr und nicht weniger." Dennoch: So etwas sei ihm noch nie passiert.

Aus Delegationskreisen hiess es, das sei eine bewusste Machtdemonstration der Israelis gewesen. Das sei nicht zum ersten Mal vorgekommen. Schneider-Ammann sagte dagegen: "Mit dem Kompromiss ist das erledigt." Auf dem Tempelberg, der Muslimen und Juden heilig ist, besuchte der Bundesrat den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee.

AUSBAU DER ILLEGALEN SIEDLUNGEN

Vom Tempelberg hatte Schneider-Ammann Ausblick auf das besetzte Ost-Jerusalem, wo Israelis und Palästinenser zusammenprallen. In der letzten Zeit hat die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zahlreiche neue Bauvorhaben für israelische Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten genehmigt. Dies ist gemäss Völkerrecht illegal.

Gleichzeitig mit Schneider-Ammanns Besuch war eine Abstimmung im Ministerausschuss über die Eingliederung von jüdischen Siedlungen im Süden und Osten von Jerusalem in die Stadt geplant. Wegen des Widerstands von Amerika und von ultra-orthodoxen Ministern wurde indes das so genannte "Gesetz über Gross-Jerusalem" in letzter Minute auf Eis gelegt.

Mit dem Gesetz wären 150'000 Juden neu zur Stadtbevölkerung gezählt worden, was den Anteil der Juden in Jerusalem von rund 61 auf 67% erhöht hätte. Die Gesamtbevölkerung wäre somit von 900'000 auf über 1 Mio gestiegen. Die Araber wären zu einer kleineren Minderheit geworden.

Schneider-Ammann mahnte bei seinem Gespräch mit Rivlin an, dass Israel die völkerrechtlichen Verpflichtungen einhalten müsse. Die Schweiz betrachtet die Siedlungen in den besetzten Gebieten als illegal.

MEHR FRAUEN IN STARTUPS ERWÜNSCHT

Auch über Startups, dem eigentlichen Ziel der Reise, tauschte sich der Bundesrat mit Rivlin aus. Von Israel könne sich die Schweiz eine Scheibe abschneiden bei der Anzahl von Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen.

"Der Prozentanteil ist wesentlich höher als bei uns", sagte der Bundesrat. "Offenbar hat das auch mit dem Schulsystem zu tun. Die Lehrer beginnen, die Mädchen von klein auf für Naturwissenschaften und Technik zu interessieren." Ein weiterer Unterschied sei wahrscheinlich der obligatorische Militärdienst, in dem israelische Frauen Technik kennenlernen würden. Der Bundesrat wünschte sich auch in der Schweiz einen höheren Frauenanteil in technischen Gebieten.

Zuvor hatte der Bundesrat Mobileye besucht, das erfolgreichste israelische Startup überhaupt. Die Firma, die Fahrassistenzsysteme für das autonome Fahren herstellt, hatte 2014 den grössten Börsengang Israels durchgeführt.

Seither ist es steil gewachsen. Im vergangenen Frühling wurde Mobileye für über 15 Mrd USD vom US-Chipgiganten Intel übernommen. Mobileye beliefert über 20 der grössten Autohersteller der Welt wie etwa BMW, Audi oder Ford.

mk

(AWP)