Das im Sommer 2020 verabredete Paket mit den Aufbauhilfen soll den 27 EU-Staaten helfen, nach der Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Einen Teil des Geldes gibt es als Zuschüsse, einen Teil als Darlehen. Dafür wollen die EU-Staaten gemeinsam Schulden aufnehmen. Die EU-Kommission kann mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung aber erst beginnen, wenn alle den Beschluss ratifiziert haben.

Dabei war auch Deutschland zuletzt ein Wackelkandidat: Wegen des Eilantrags hatte das Bundesverfassungsgericht am 26. März dem Bundespräsidenten vorläufig untersagt, das Gesetz zu unterzeichnen. Damit wollten die Richter verhindern, dass bis zu ihrer Entscheidung Fakten geschaffen werden, hinter die man nicht mehr zurück käme.

Luckes "Bündnis Bürgerwille", das nach eigenen Angaben aus mehr als 2200 Unterstützern besteht, hält vor allem die gemeinschaftliche Verschuldung für unzulässig. Diese sei ein "krasser Vertragsbruch".

Mit der eigentlichen Verfassungsbeschwerde der Kläger wird sich das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich beschäftigen. Der Ausgang dieses Verfahrens sei offen, teilten die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats mit. "Bei summarischer Prüfung" im Eilverfahren sehen sie aber keine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Verfassungsverstoss. Deshalb darf Deutschland den Fonds fürs erste mit auf den Weg bringen. Ein verspäteter Start könne irreversible Folgen haben, teilte das Gericht mit. Die Bundesregierung befürchte ausserdem "erhebliche aussen- und europapolitische Verwerfungen".

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüsste die Entscheidung. Sie schrieb auf Twitter: "Die EU bleibt auf Kurs bei der wirtschaftlichen Erholung nach dieser beispiellosen Pandemie."

Der Zweite Senat schreibt schon jetzt, dass das eigentliche Verfahren viel Zeit in Anspruch nehmen werde. Notfalls könnten die Richter dann noch den Europäischen Gerichtshof einschalten und Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat zum Eingreifen verpflichten.

Massive Bedenken scheinen zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht zu bestehen. Höhe, Dauer und Zweck der von der EU-Kommission aufzunehmenden Mittel seien begrenzt, hiess es in der Mitteilung des Gerichts. Das gleiche gelte für eine mögliche Haftung Deutschlands.

Das erste Geld soll ab Juli fliessen. Allerdings fehlt auch noch die Ratifizierung in anderen Ländern. Ausserdem wird noch an den nationalen Aufbauplänen gefeilt. Die Staaten sollen vorab genau darlegen, wofür sie die Milliarden verwenden wollen - eigentlich bis zum 30. April. Es gibt aber Zweifel, ob das alle schaffen werden.

Aus dem Aufbaufonds RRF werden insgesamt 312,5 Milliarden Euro als Zuschüsse an die EU-Staaten verteilt und bis zu 360 Milliarden Euro als Darlehen (jeweils in Preisen von 2018). Deutschland kann nach jetzigem Stand 22,7 Milliarden Euro Zuschüsse erwarten.

Insgesamt sollen der Europäischen Union bis Ende 2027 als Finanzrahmen rund 1,8 Billionen Euro zur Verfügung stehen.

Wegen des Aufbaufonds ist in Karlsruhe inzwischen auch noch eine Organklage der AfD-Fraktion gegen Bundestag und Bundesregierung anhängig. Ausserdem hat eine Privatperson Verfassungsbeschwerde eingereicht, wie ein Gerichtssprecher sagte. Auch hier gibt es jeweils Eilanträge. Nach der jetzigen Entscheidung dürften diese aber keinen Einfluss mehr auf die weitere Entwicklung haben./sem/DP/nas

(AWP)