Die Nachricht vom mutmasslichen Selbstmord Carsten Schloters bewegt die Schweiz. Kaum ein Unternehmensführer war hierzulande so bekannt wie der Mann, der als einziger Deutscher ein Unternehmen des Swiss Market Index führte. Und dies seit 2006 erfolgreich tat.

Weshalb macht uns der Tod von Schloter so betroffen? Es ist zunächst einmal das völlig Unerwartete aus einer Wirtschaftswelt, in der von aussen alles reibungslos zu funktionieren scheint. Auch der Freitod von Julius-Bär-CEO Alex Widmer Ende 2008 konsternierte die Schweizer Wirtschaftswelt auf ähnliche Weise.

Schloter stand für Kontinuität, Freundlichkeit, auch Charme. Und was die Swisscom-Mitarbeiter und auch wir Journalisten an Schloter besonders schätzten: Er war nahbar, frei von Arroganz und Abgehobenheit. Schloter nahm sich Zeit für sein Gegenüber.

Wir werden wohl nie erfahren, warum sich Schloter offenbar das Leben nahm. Das ist aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen auch gut. Die Mutmassungen über seinen Tod werden sich nebst den familiären Hintergründen auch um die Art und Weise drehen, wie Schloter arbeitete und wie er seine Freizeit gestaltete.

"Ich versuche, die Grenzen auszureizen", sagte Schloter einmal. Ja: Er war ein Workaholic und schien damit bisweilen etwas zu kokettieren. Das Verschmelzen von Privat- und Geschäftsleben war für ihn selbstverständlich. Schloter hatte schon fast panikartige Angst vor dem Sich-Zurücklehnen. Sonst könne man die Vielfalt und die Reichhaltigkeit der Welt nicht wirklich auskosten, sagte er. Selbstredend war Schloter auch in der Freizeit äusserst aktiv, betrieb Ausdauersport.

Schloter arbeitete zudem in einer Branche, in welcher der Wandel fast minütlich stattfindet und in der es schon für Experten schwierig ist, die technischen Veränderungen zu verarbeiten. iPhone, iPad - die Begeisterung für neue Mobile-Gadgets teilte Schloter mit allen.

Kritik ging an Schloter nicht spurlos vorbei. Sein schwierigster Moment im Unternehmen war die Sanktionsdrohung der Wettbewerbskommission in Sachen Mobilisierungsgebühren, die bei einer halben Milliarde Franken lag. Da werde man auf der Strasse wie ein Verbrecher betrachtet, sagte Schloter vor zwei Jahren. "Das belastet enorm."

Der Swisscom-Chef war aber auch ein Mann, der sich viele Gedanken machte. Und sich selber auch immer hinterfragte. Er investierte mit den obersten Führungskräften viel Zeit in Kultur-, Philosophie- und Psychologiefragen. Und Schloter sagte im Frühling: "Ich stelle bei mir fest, dass ich immer grössere Schwierigkeiten habe, zur Ruhe zu kommen".

Der Tod von Carsten Schloter wirft viele Fragen auf und gibt wenig Antworten. Aber er sollte Anlass für uns sein, sich selber Gedanken über Geschwindigkeit, Belastung und Grenzen zu machen.