cash, das grösste Schweizer Wirtschafts- und Finanznewsportal, wollte es von seinen Leserinnen und Lesern wissen: Wer ist der derzeit beste CEO der grössten Schweizer Banken? Anlass für die Online-Umfrage war eine Eigenbeurteilung von UBS-Chef Sergio Ermotti in einem Interview. Er gab sich eine generöse 8 von 10 Punkten für seine Leistung als UBS-CEO.

In der cash-Online-Umfrage standen die Chefs der sechs grössten Schweizer Banken gemessen an der Bilanzsumme zur Auswahl. Teilnehmer der Umfrage konnten nur eine Stimme abgeben. Nach einer Woche Laufzeit und rund 3100 Stimmen sieht das Resultat so aus:

1. Platz und Sieger: Pierin Vincenz, CEO Raiffeisen-Gruppe (32 Prozent Stimmenanteile): Gratulation nach St. Gallen an den Hauptsitz von Raiffeisen. Die Wachstumsstrategie der rund 300 Raiffeisenbanken unter der Führung des umtriebigen Pierin Vincenz überzeugt offenbar auch die cash-Leser. Vincenz baut die Bank mit der Ausdehnung des Vermögensverwaltungsgeschäftes (Notenstein) seit Jahren aus - weg vom Klumpenrisiko Hypothekargeschäft, ohne letzteres allerdings zu vernachlässigen. Dass Raiffeisen seit August von der Nationalbank als systemrelevant eingestuft wird, tat der Überzeugung für Vincenz offenbar keinen Abbruch. Für Vincenz spricht auch, dass er seit 1999 bei Raiffeisen am Steuerrad sitzt und dass er ein guter Kommunikator ist, wofür auch seine reichlich ausgestattete PR-Abteilung sorgt. Und dass Vincenz oft an Gesellschaftsanlässen und in den Klatschspalten auftaucht, tut seiner Popularität sicher auch keinen Abbruch. Vincenz erscheint als Banker, der greifbar ist.

2. Platz: Sergio Ermotti, CEO UBS (29 Prozent Stimmenanteile): 8 von 10 Punkten gab sich Ermotti kürzlich für seine Leistung als UBS-CEO - und ähnlich bewerten ihn auch die cash-Leser. Am Schluss fehlten rund 100 Stimmen für den Sieg. Es ist ein bemerkenswert gutes Ergebnis für den Chef einer Bank, die vor sechs Jahren vom Staat gerettet werden musste und noch immer unter Reputationsschäden leidet. Zu behaupten, Ermotti punkte vor allem mit seinem Clooney-mässigen Auftritt gepaart mit einer lockeren Italianità, wäre natürlich vermessen. Ermotti überzeugt die Aktionäre mit der Strategie, dass er das risikoreiche Investmentbanking zurückschraubt und den Ausbau der Vermögensverwaltung forciert. Wären da nicht die anhaltenden Skandale und Mega-Bussen für Grossbanken - wer weiss, vielleicht hätte für Ermotti der erste Platz herausgeschaut.

3. Platz: Hansruedi Köng, CEO Postfinance (18 Prozent Stimmenanteile): Ein nicht kleiner Achtungserfolg für den Mann, der wenig bekannt ist und der seit Anfang 2012 am Ruder der Postfinance steht. Gewiss profitiert Köng als Chef eines soliden Finanzinstitutes mit Grundversorgungsauftrag für Bargeldeinzahlungen von einem Aussenseiterbonus - mitten in einer Welt von renditeoptimierten Geldinstituten. Allerdings ist Postfinance nicht mehr der niedliche Zahlungsabwickler von nebenan, der trotz Banklizenz keine Kredite vergeben darf. Als fünftgrösste Schweizer Bank gemessen an der Bilanzsumme und wachsender Angebotspalette ist Postfinance ein Gigant geworden. Nicht von ungefähr prüft die Nationalbank die Systemrelevanz von Postfinance.

4. Platz: Boris Collardi, CEO Julius Bär (11 Prozent Stimmenanteile): Womöglich hätte Boris Collardi diesen vierten Rang im Vorfeld dieser Umfrage akzeptiert. Im Wissen, dass die Konkurrenz von Universal- und Retailbanken gross ist und der Bekanntheitsgrad eines distinguierten Vermögensverwalters eher klein. Collardi kämpft noch heute etwas gegen Vorurteile und Argwohn aus der Zeit, als er mit erst 34 CEO der Privatbank wurde und Meldungen kursierten, dass er bei Bär mit dem Ferrari zur Arbeit kam. Heute fährt er als einer der wenigen in der lendenlahmen Schweizer Vermögensverwaltungsszene einen Expansionskurs und treibt die Integration des 2012 übernommenen Vermögensverwaltungsgeschäfts von Merrill Lynch voran.

5. Platz: Martin Scholl, CEO Zürcher Kantonalbank (5 Prozent Stimmenanteile): Nur wenige Einzelstimmen trennen Scholl vom letzten Platz der Umfrage. Warum das derart schlechte Resultat? Scholl ist das Gegenteil von Vincenz: Ein CEO, der nicht greifbar ist - obwohl sich sein Institut laut Werbung als "die nahe Bank" anpreist. Das liegt weniger an seinem eher spröden Auftreten als an einer missratenen Kommunikationsstraegie - wie etwa das Verschweigen der Wahl des Stellvertreters von Scholl gegenüber der Belegschaft und Öffentlichkeit. Schwer wiegt für Scholl zudem die zu erwartende US-Steuerbusse und das entsprechende Begleitfeuer aus der Politik. Schade drum, denn Scholl macht operativ keinen schlechten Job.

6. Platz: Brady Dougan, CEO Credit Suisse (5 Prozent Stimmenanteil): Fast ist man versucht zu sagen: Wen wunderts? Dougan, der die Credit Suisse erfolgreich durch die Stürme der Bankenkrise steuerte, verspielte seine Meriten auf fast allen Schienen: Gehaltsmässig, seit er 2010 eine unverschämte Entschädigung von fast 90 Millionen Franken erhielt. Kommunikativ, seit er sich vor über zwei Jahren öffentlich mit der Nationalbank anlegte und dann doch das tun musste, was diese von ihm verlangte. Strategisch, weil er weitgehend am "Old-School"-Modell der Investmentbank festhält und damit die Aktionäre verärgert. Fazit: Dougan und die Schweiz, das wird wohl nichts mehr.