Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) will den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen des damaligen Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Scholz mit den Mitinhabern der Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in den Jahren 2016 und 2017.

Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Geschäften, die darauf angelegt sind, sich beim Aktienhandel unrechtmässig Steuern erstatten zu lassen.

Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Grossunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Rückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.

Scholz hatte die Treffen eingeräumt, bei seiner ersten Vernehmung im Ausschuss aber angegeben, sich an den Inhalt der Gespräche nicht erinnern zu können. Eine Einflussnahme auf das Steuerverfahren schloss er aus. In seiner Sommerpressekonferenz in Berlin hatte der Kanzler am Donnerstag erneut alle Vorwürfe im Zusammenhang mit dem "Cum-Ex"-Skandal zurückgewiesen.

Peter Tschentscher, Scholz' Nachfolger im Rathaus, war zur fraglichen Zeit Finanzsenator. Er hatte im November 2016 - gut eine Woche vor der Entscheidung der Finanzbehörde, die zu Unrecht erstatteten Steuern nicht zurückzufordern - ein Schreiben von Olearius an die Finanzverwaltung weitergeleitet. Darin hatte Olearius die Rechtsauffassung der Bank, dass die Rückforderung unbegründet sei, vertreten.

Er habe das Schreiben auf Empfehlung der Steuerverwaltung mit der Bitte um Informationen zum Sachstand weitergeleitet, sagte der Bürgermeister am Freitag im Sommerinterview von NDR 90,3 und Hamburg Journal. Der Vorwurf des früheren Finanzsenators Wolfgang Peiner (CDU), der dies am Donnerstag vor dem PUA als Beginn der Einflussnahme bezeichnet hatte, sei falsch. "Alle Zeugen haben bestätigt, dass es keine politische Einflussnahme gegeben hat. Und deswegen sollte man das irgendwann auch mal zur Kenntnis nehmen", sagte Tschentscher.

Wiese warf der SPD hingegen vor, Informationen zurückzuhalten. "Die Rolle des SPD-geführten Senats bei der Entscheidung, die Steuern von Warburg nicht zurückzuverlangen, bleibt völlig unklar", sagte er. "Es ist erschütternd zu sehen, wie SPD-Politiker auf ganzer Linie mauern, zuletzt wieder Bundeskanzler Scholz in der Bundespressekonferenz."

Scholz habe sich trotz wiederholter Nachfrage "um die Antwort gedrückt", ob er seine Treffen mit den Bankiers auch mit Johannes Kahrs, damals Bundestagsabgeordneter und SPD-Kreisvorsitzender in Hamburg-Mitte, vorbereitet habe, sagte Wiese. "Johannes Kahrs lehnt jede Stellungnahme ab. Man kann sich kaum vorstellen, dass die dem Ausschuss bislang vorgelegten Informationen aus dem SPD-Umfeld vollständig sind."

Gegen Kahrs, den früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) und eine für Warburg zuständige Beamtin im Finanzamt für Grossunternehmen ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln. Ihnen wird Begünstigung zur Steuerhinterziehung im "Cum-Ex"-Zusammenhang vorgeworfen. Bei einer Durchsuchung im vergangenen Jahr waren bei Kahrs über 200 000 Euro in bar in einem Schliessfach gefunden worden.

Der Obmann der SPD im PUA, Milan Pein, warf seinerseits CDU und Linken vor, den Überblick zu verlieren und sich "in immer neuen Behauptungen und Spekulationen" zu verlieren, für die jeder Beweis fehle. "Über 50 Zeug:innen aus unterschiedlichen Ämtern, Behörden und Abteilungen haben unabhängig voneinander sehr deutlich gemacht, dass es keine politische Einflussnahme auf das Steuerverfahren der Warburg Bank gegeben hat", sagte er.

Der PUA untersuche einen komplizierten Sachverhalt, in dem Gründlichkeit gefragt sei. "Vorschnelle und voreingenommene Spekulationen tragen nicht zur Aufklärung bei", sagte Pein. "Ich erwarte, dass die Opposition zur ernsthaften Sacharbeit zurückkehrt."

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(AWP)