Die deutsche Regierung beteilige sich mit rund 23 Prozent an dem Tübinger Unternehmen, um die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das grassierende Coronavirus zu beschleunigen, teilten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, CureVac und sein Hauptinvestor dievini, die Beteiligungsgesellschaft des SAP-Gründers Dietmar Hopp, am Montag mit. Die Bundesregierung investiert damit erstmals in ein Unternehmen der Biotechbranche, der im Zuge der Corona-Pandemie ungewohnte Aufmerksamkeit zuteil wird. Sie will aber keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik von CureVac nehmen.

CureVac will zudem demnächst in den USA an die Börse gehen, wie aus einem Schreiben hervorgeht, in dem das Bundesfinanzministerium über die geplante Bundesbeteiligung an dem Unternehmen informiert. CureVac habe einen grossen Kapitalbedarf "und beabsichtigt einen Börsengang an die Nasdaq in New York im Juli 2020", heißt es in dem Reuters am Montag vorliegenden Schreiben, über das zunächst die "Welt" berichtet hatte. "Der beabsichtigte Erwerb einer Bundesbeteiligung an CureVac soll sicherstellen, dass das Unternehmen nicht durch einen ausländischen Investor übernommen wird und ins Ausland abwandert."

CureVac gehört zu den wenigen deutschen Unternehmen, die sich im Wettlauf um einen Corona-Impfstoff befinden. Die Gesellschaft war im März in die Schlagzeilen geraten, weil die US-Regierung angeblich Interesse an CureVac hatte. US-Präsident Donald Trump soll der Firma einem Medienbericht zufolge einen hohen Betrag angeboten haben, um sich deren Arbeit exklusiv zu sichern. Das hatten die Tübinger allerdings zurückgewiesen.

"Die Technologie von CureVac hat das Potenzial, neue Impfstoffe und therapeutische Behandlungsmöglichkeiten für viele Menschen zu entwickeln", erklärte Altmaier. Die Anteile wolle der Bund im Rahmen einer Kapitalerhöhung über seine Förderbank KfW übernehmen, eine Zustimmung der EU sei dafür nicht nötig. "Mit dieser Beteiligung wollen wir CureVac finanzielle Sicherheit geben." Das sei auch industriepolitisch von hoher Bedeutung, "denn diese wichtigen Forschungsergebnisse und Technologien brauchen wir in Deutschland und Europa", betonte Altmaier. Er habe bereits klargemacht: "Wir verkaufen unser Tafelsilber nicht." Die Bundesregierung hatte erst Ende Mai beschlossen, dass der Staat im Gesundheitsbereich bei Beteiligungen von Investoren außerhalb der EU mehr Veto-Möglichkeiten bekommen soll.

"Das Interesse der US-Regierung vor ein paar Wochen hat dem Bund klar gemacht, dass es bei Firmen wie Curevac um eine kritische Infrastruktur geht. Man will damit verhindern, dass wichtige Produkte und Know-how aus Deutschland und Europa abfließen", sagte ein Insider. Weltweit forscht die Pharmaindustrie fieberhaft an Impfstoffen und Medikamenten gegen das neuartige Coronavirus, an dem sich rund 7,93 Millionen Menschen infiziert haben und das mehr als 432.500 Todesopfer gefordert hat. Nach Angaben des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (VFA) gibt es inzwischen mindestens 150 Impfstoffprojekte.

Exklusivvertrag mit den USA kommt nicht infrage

CureVac hatte Mitte Mai positive präklinische Ergebnisse zu seinem Projekt veröffentlicht. Noch im Juni sollten erste klinische Studien mit gesunden Freiwilligen starten. Die EU-Kommission hat CureVac bereits einen Kredit von bis zu 80 Millionen Euro angeboten, um das Unternehmen bei der Entwicklung seines Impfstoffes zu unterstützen. Die dievini Hopp BioTech Holding, die 80 Prozent an CureVac hält, hatte erklärt, ein Exklusivvertrag mit den USA komme nicht infrage. CureVac-Investor Hopp, der die deutsche Biotechbranche seit über 15 Jahren finanziell unterstützt, sagte, er freue sich, dass nun auch von staatliche Seite die Bedeutung der Biotechnologie als Schlüsselindustrie erkannt werde.

CureVac setzt bei seinen Forschungsarbeiten - wie auch der US-Biotechkonzern Moderna und die Mainzer Biotechfirma Biontech - auf Impfstoffe auf Basis der sogenannten Boten-RNA (mRNA). Sie soll den menschlichen Zellen die Information zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger vermitteln. Biontech hatte im April als erstes Unternehmen in Deutschland grünes Licht für eine klinische Studie mit einem Corona-Impfstoff erhalten und erwartet erste Ergebnisse bis Juli. Die Mainzer arbeiten mit dem US-Pharmariesen Pfizer und in China mit Fosun Pharma zusammen.

Die Bundesregierung hatte sich Anfang Juni in ihrem Corona-Konjunktur- und Zukunftspaket zum Ziel gesetzt, bei der Herstellung von Wirkstoffen, deren Vorprodukten sowie in der Impfstoffproduktion mehr Unabhängigkeit erreichen zu wollen. Am Wochenende hatten Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern AstraZeneca bekanntgegeben, mit der sich die EU-Staaten bis zu 400 Millionen Dosen eines in der Entwicklung befindlichen Corona-Impfstoffs sichern. Die EU-Kommission hatte angekündigt, sich intensiver um die Versorgung mit möglichen Impfstoffen zu kümmern, da man befürchtet, hinter den USA und China zurückzubleiben.

(Reuters)