Løkke war 2021 nach Jahrzehnten bei der liberal-konservativen Venstre und mehreren Jahren als Ministerpräsident aus der Partei ausgetreten. Danach hatte er eine neue Partei namens Die Moderaten gegründet, die bei ihrem Debüt nach Hochrechnungen des Senders DR auf rund 9 Prozent der Wählerstimmen kam. Venstre verliert dagegen kräftig: Nach 23,4 Prozent bei der letzten Wahl 2019 lag Løkkes Ex-Partei nach Auszählung von mehr als einem Drittel der Stimmen am späten Dienstagabend bei rund 14 Prozent. Sie würde damit aber weiter zweitstärkste Kraft hinter Frederiksens Sozialdemokraten bleiben, die demnach auf rund 27 Prozent kamen.

Entscheidend im dänischen Parlament in Kopenhagen ist jedoch die magische Zahl 90: So viele Mandate sind im 179 Sitze fassenden Folketinget für eine Mehrheit notwendig. Diese Marke dürfte keines der traditionellen Lager ohne Løkke erreichen: In der DR-Hochrechnung lag der linksgerichtete rote Block gegen 22.00 Uhr bei 81 Mandaten, das von Venstre angeführte blaue Mitte-rechts-Bündnis bei 78. Ähnliche Werte errechnete auch der Sender TV2. Løkkes Moderaten wurden von DR 16 Sitze prognostiziert, die in dem Fall entscheidend für eine Mehrheit wären.

Jeweils zwei Parlamentssitze sind darüber hinaus für Repräsentanten der Färöer-Inseln und Grönlands bestimmt, die offiziell zum dänischen Königreich zählen. Drei dieser nordatlantischen Mandate dürften an Rot gehen, das vierte an Blau.

Frederiksen führt Dänemark seit 2019 mit einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung, die meist auf parlamentarische Unterstützung von links setzt, etwa in der strikten Einwanderungspolitik aber auch auf Stimmen von rechts. Die 44 Jahre alte Regierungschefin strebt diesmal eine breite, blockübergreifende Regierung mit Parteien beider Seiten an. Das gelte auch in dem Fall, sollte ihr linksgerichtetes Lager erneut auf eine Mehrheit kommen, hatte sie in der letzten TV-Debatte der Parteispitzen am Montagabend gesagt. Beobachter rechneten aber damit, dass sie im Falle einer roten Mehrheit auch auf dieses Lager zurückgreifen könnte.

Auch Løkke warnte am Wahltag, dass Frederiksen den Plan zur blockübergreifenden Zusammenarbeit bei einer roten Mehrheit leicht fallenlassen könnte. Der Regierungschef der Jahre 2009 bis 2011 und 2015 bis 2019 hatte die Idee einer solchen Kooperation über die politische Mitte hinweg schon vor der letzten Wahl vor dreieinhalb Jahren ins Spiel gebracht - war dann aber an Frederiksen gescheitert.

Nun könnte der Liberale wieder zum starken Mann der dänischen Politik werden. Er könnte Frederiksen eine Mehrheit verschaffen, aber auch seinem alten blauen Block - in welche Richtung er tendiert, hat er bislang offengelassen. Dänemark dürften nach der Wahl langwierige Verhandlungen über die künftige Regierungszusammenarbeit bevorstehen.

Die führenden Politiker des Mitte-rechts-Bündnisses hatten der Idee einer blockübergreifenden Zusammenarbeit eine Absage erteilt. Venstre-Spitzenkandidat Jakob Ellemann-Jensen hoffte dagegen auf eine Mehrheit seines aus gleich sechs liberalen, konservativen und rechtspopulistischen Parteien bestehenden Blocks. Ohne Løkke - seinem Vorgänger als Venstre-Chef - dürfte es damit aber nichts werden./trs/DP/he

(AWP)