Wie geht es weiter mit China? Wohin entwickelt sich die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt? Und wie verhalten sich die Märkte, wenn der chinesische Konjunkturmotor das nächste Mal stottert? Solche Fragen treiben Investoren auf der ganzen Welt um. Denn: Wie empfindlich die Aktienbörsen auf negative China-Signale reagieren, zeigte sich in den letzten Wochen mehrmals. Am "Schwarzen Montag" zum Beispiel kam es vielerorts zum grössten Börsentaucher seit Ausbruch der Finanzkrise.

Chinas Wirtschaft wächst derzeit so langsam wie seit 1990 nicht mehr. Das hat Auswirkungen auf den Konsum der 1,3 Milliarden grossen Bevölkerung: Nur noch notwendige Artikel werden angeschafft, bei Luxusgütern wird hingegen gespart. Hinzu kommt, dass die offiziellen Wirtschaftsdaten immer wieder angezweifelt werden. Niemand weiss genau, wohin die Reise mit China geht.

In diesem Umfeld stellt William Pesek, ein Bloomberg-Journalist, eine interessante These auf: Es gibt einen zuverlässiges Stimmungsbarometer für Chinas Wirtschaft. Es ist der Aktienkurs von Alibaba. "Alibaba ist der Kanarienvogel in Chinas Kohlengrube", schreibt Pesek in einem Kommentar.

Tief gefallener Börsenliebling

Der chinesische E-commerce-Gigant wagte sich im September 2014 aufs New Yorker Börsenparkett und galt bei Investoren ursprünglich als grosser Profiteur von Chinas wachsender Mittelklasse. Denn mit Online-Shops und Auktions-Plattformen ist Alibaba die klare Nummer eins im Land.

Alibaba ist sehr beliebt bei der Generation unter 50. Eine Generation, die aufwuchs mit Wachstumsraten von 10 Prozent oder mehr und die sich nun erstmals mit dem Thema Sparen befassen muss. Doch das wird nun zum Problem. Denn Alibaba spürt Chinas Konsumrückgang unmittelbar am eigenen Leib. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres wuchs der Konzern so langsam wie seit drei Jahren nicht mehr, die Analysten waren enttäuscht, Anleger trennten sich von der Aktie. Im laufenden Jahr steht die Alibaba-Aktie bereits 37 Prozent im Minus. Das sind 26 Prozent weniger als zum Zeitpunkt des Börsengangs.

Alibaba-Aktienkurs seit dem IPO, Quelle: cash.ch

Noch immer ist Alibaba rund 166 Milliarden Dollar wert. Das ist mehr als Länder wie Vietnam, Neuseeland oder Ungarn in einem Jahr erwirtschaften. Doch Alibabas Probleme dürften vorerst nicht abnehmen. Denn die bisherigen Massnahmen der chinesischen Regierung scheinen nicht zu greifen. Trotz Zinssenkungen und Währungsabwertungen nimmt die Nachfrage nach chinesischen Produkten weiter ab. Die Industrieproduktion war zuletzt so niedrig wie 2009.

Auch bei Hedge Fonds sinkt der orange Riese in der Gunst. Der kleinere chinesische Wettbewerber JD.com holt deutlich auf und Hedge Fonds erhöhen ihre Investitionen, wie Nachrichtenagenturen kürzlich berichteten. Im Vergleich zu Alibaba konnte JD.com seinen Börsenwert seit dem IPO im Mai 2014 steigern. Doch auch die JD-Aktie kam in den letzten Monaten stark unter Druck.