Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im dritten Quartal um 0,2 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Vierteljahr gesunken sein, geht aus der am Montag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Volkswirten von 21 Banken hervor. Das wäre der erste Rückgang seit Anfang 2021, als die Corona-Pandemie durchschlug. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht diesen Freitag eine erste Schätzung zum Abschneiden von Juli bis September. Im Frühjahr hatte es noch zu einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gereicht, am Jahresanfang wegen der Corona-Erholung sogar zu einem kräftigen Plus von 0,8 Prozent. Bei zwei negativen Quartalen in Folge wird von Rezession gesprochen, die Experten zufolge nun immer wahrscheinlicher wird.

"Zurückzuführen ist das schwache Ergebnis vor allem auf die hohe Inflation, steigende Zinsen und die Lieferprobleme in der Industrie", betonten die Ökonomen der BayernLB mit Blick auf die Sommermonate. Besonders der private Konsum dürfte geschwächelt haben, nachdem die Inflationsrate zuletzt mit 10,0 Prozent so hoch ausgefallen ist wie sei 1951 nicht mehr und an der Kaufkraft der Verbraucher nagt. Die Ersparnisse aus der Zeit der Corona-Krise - in der etwa Reisen, Restaurant- und Konzertbesuche eingeschränkt waren - seien aufgebraucht. Diese Puffer dürften nun nicht mehr gereicht haben, um ein Minus beim Privatverbrauch zu verhindern. "Die Entwicklung des Einzelhandels zeigt, dass sich vor allem die Konsumenten zurückgehalten haben" hiess es auch bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Auch Bundesbank nutzt das R-Wort

Von den Investitionen sollten aufgrund steigender Zinsen ebenfalls wenig Impulse gekommen sein, erwarten Experten. Diese belasten beispielsweise die Bautätigkeit. Der Aussenhandel dürfte angesichts hoher Preise für importierte Rohstoffe und Vorleistungsgüter erneut die Konjunktur gebremst haben, betonte die BayernLB. Schlimmeres dürfte der Anstieg der Staatsausgaben verhindert haben.

Auch die Bundesbank sieht Deutschland wegen der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine an der Schwelle zur Rezession. "Die anhaltend hohe Inflation und die Unsicherheit über die Energieversorgung und ihre Kosten belasten die deutsche Wirtschaft deutlich", heisst es im aktuellen Monatsbericht. Im gerade begonnenen Winterhalbjahr werde das Bruttoinlandsprodukt wohl "deutlich sinken". Die Bundesbank versteht unter einer Rezession einen deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen wird. Für das laufende Jahr rechnet sie wegen der robusten ersten sechs Monate noch mit einem Wachstum von 1,4 Prozent.

(Reuters)