Offiziell präsentierte sich der 72-jährige Wirtschafsprofessor als parteiunabhängiger Präsidentschaftskandidat, er wurde aber von den Grünen unterstützt. Van der Bellen, der sich selbst als links-liberal bezeichnet, gelang es auch bei der Wiederholung der Stichwahl, seinen Rivalen Norbert Hofer von der FPÖ auszubremsen. Seinen Sieg verdankte er unter anderem auch dem Hintergrund, dass viele Wähler einen Freiheitlichen an der Staatsspitze verhindern wollten. Unterstützung bekam Van der Bellen von Bundeskanzler Christian Kern (Sozialdemokraten, SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (Christdemokraten, ÖVP). Aber auch zahlreiche Prominente, Künstler und Sportler stellten sich öffentlich hinter ihn.

Van der Bellen, dessen Name auf niederländische Vorfahren zurückzuführen ist, hatte schon die Wahl im Mai gewonnen. Nach einer Anfechtung durch die FPÖ wurde diese aber wegen Verfahrensfehlern bei der Auszählung der Briefwahlstimmen vom Verfassungsgerichtshof annulliert. Für Aufsehen sorgte er, als er ankündigte, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei einem möglichen Wahlsieg der Freiheitlichen bei der nächsten Parlamentswahl nicht automatisch mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Van der Bellen, der sich als "glühenden Europäer" bezeichnet, kritisierte vor allem das von der FPÖ unter gewissen Bedingungen geforderte Referendum über einen Austritt Österreichs aus der Europäischen Union. "Ich habe von Anfang an für ein pro-europäisches Österreich gestritten und argumentiert", sagte Van der Bellen nach seinem Wahlsieg.

Aufgewachsen im Tirol

Van der Bellens Eltern waren russisch-estnische Einwanderer, die vor den Sowjets nach Österreich geflohen waren. Er selbst wurde in Wien geboren und wuchs in Tirol auf. Er gilt als bedächtig und macht gerne mal Pausen beim Reden, um nachzudenken. Privat geht Van der Bellen, der in zweiter Ehe verheiratet ist, gerne wandern. Er ist passionierter Raucher, hat graue Haare, trägt eine Brille und zeigt sich manchmal unrasiert. In seinen früheren Jahren in der Politik galten auch ein schwarzer Rollkragenpullover und eine Hornbrille als seine Markenzeichen.

Mitte der 1970er Jahre trat Van der Bellen der SPÖ bei, die er später wieder verliess. Richtig politisch aktiv wurde er erst mit dem Beitritt zu den Grünen, deren Bundessprecher er ab 1997 für elf Jahre war. Als er das Ruder übernahm lagen die Grünen auf Bundesebene bei knapp 5 Prozent der Stimmen. Unter seiner Führung kam die Partei auf 11 Prozent, bei denen sie auch derzeit in Umfragen liegen. Nach Verlusten bei der Wahl 2008 gab er das Amt des Parteivorsitzenden auf. In den vergangenen vier Jahren gehörte er dem Wiener Gemeinderat an.

(Reuters)