"Ich glaube nicht, dass es in diesem Land zu Unruhen ... kommen wird", sagte Scholz am Donnerstag in Berlin in seiner Sommer-Pressekonferenz. Zudem sieht er die Versorgung des Landes mit Gas gesichert. Es werde zwar teurer werden, etwa LNG-Gas als Ersatz für russisches Gas zu besorgen. "Aber wir werden immer genug kriegen." Er verwies etwa auf die sich füllenden Gasspeicher in Deutschland sowie die geplanten neuen LNG-Anlandestationen an der deutschen Küste, die ab Anfang 2023 einsatzbereit seien. "Wir haben alle Chance, gut durch die schwere Zeit zu kommen", sagte Scholz. Die Botschaft an alle Bürger sei: "Wir werden euch nicht alleine lassen."

Der Kanzler widersprach damit anderen Politikern und Politikerinnen der Ampel-Regierung, die vor sozialen Unruhen und einer Protestwelle im Herbst gewarnt hatten, wenn es zu Gasengpässen oder drastischen Preiserhöhung für Gas und Strom kommen sollte. "Die Bürgerinnen und Bürger sind schlau....Ich bin ganz sicher, dass wir uns unterhaken."

Scholz kündigte zudem ein umfassendes Entlastungspaket an, das die hohe Inflation und vor allem enorme Steigerungen der Energiekosten abfedern soll. Dabei stellte sich der SPD-Politiker ausdrücklich hinter die Vorschläge von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zur Dämpfung der sogenannten Kalten Progression. Die Inflationsanpassung der Steuersätze habe er selbst als Finanzminister zweimal durchgesetzt. "Das kann ja keine offensichtlich falsche Idee sein", sagte Scholz. Ausserdem habe es in der jetzigen Energiekrise schon steuerliche Entlastungen gegeben. Die Pläne von FDP-Chef Lindner seien "ein guter Aufschlag".

Angesichts der anhaltend hohen Inflation will Lindner drohende Steuererhöhungen im Volumen von zehn Milliarden Euro abwenden. Dazu will er das Steuersystem für die Jahre 2023 und 2024 an die momentan sehr hohe Inflation anpassen. Ausserdem soll das Kindergeld erhöht werden. Aus der SPD und von den Grünen hatte es teilweise Kritik an den Plänen gegeben.

Scholz verweist auf Gesamtpaket bei Entlastungen

Scholz betonte in der mehr als eineinhalbstündigen Pressekonferenz aber, dass diese steuerliche Entlastung nur ein Teil eines umfassenderen Hilfspakets sei. Dabei solle gerade Bedürftigen und Beziehern kleinerer Einkommen geholfen werden. Das Bürgergeld werden 2023 kommen. Kritik auch aus der SPD und von den Grünen an der mangelnden sozialen Gewichtung der Vorschläge Lindners wies Scholz zudem mit dem Hinweis auf die umfassenden Wohngeldnovelle zurück. Steuerliche Entlastungen seien eben nur ein Teil des Entlastungspakets, das man zusammen betrachten müsse. Zum Zeitpunkt des Entlastungspakets sagte Scholz nichts, nur dass "schnelle Entscheidungen" nötig seien.

Scholz zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierung ihre Projekte bei Einhaltung der Schuldenbremse 2023 umsetzen könne. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte dagegen mehrfach gefordert, dass diese erneut ausgesetzt werden solle. Der Kanzler betonte zudem, dass keine im Koalitionsvertrag verabredeten Projekte wegen der Energiekrise und der nötigen Entlastungsmassnahmen aufgeschoben würden.

Forderung nach einer Übergewinnsteuer etwa für Mineralölkonzerne erteilte er eine Absage. Hier gebe es keine einheitliche Meinung der drei Koalitionspartner. Eine Umsetzung sei zudem "technisch sehr herausfordernd", fügte Scholz hinzu. Der Kanzler warb um Verständnis, dass sich SPD, Grüne und FDP nicht in allen Punkten einigen könnten. Es handele sich um drei verschiedene Parteien, die mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages nicht alle Dinge plötzlich gleich sähen. Dennoch habe die Regierung gezeigt, dass sie in den entscheidenden Fragen schnell und entschlossen handeln könne.

(Reuters)