Acht Infektionen mit dem neuen Coronavirus sind in der Schweiz bisher bestätigt. Nach dem Kanton Tessin wurden je ein Fall in den Kantonen Zürich, Basel Stadt, Genf, Waadt und Aargau bekannt. Graubünden meldete zwei infizierte Kinder. Ausser einem dürften sich alle Erkrankten in Italien angesteckt haben. Mehrere Grossanlässe wurden wegen des Virus abgesagt.

Alle Angesteckten waren in Spitälern isoliert. Bei der nicht in Italien angesteckten Ausnahme handelt es sich um einen Grenzgänger aus Frankreich, dessen Coronavirus-Infektion der Kanton Waadt am Donnerstagabend als bestätigte meldete.

Die beiden in Graubünden gemeldeten infizierten Kinder waren mit ihren Familien aus Italien im Oberengadin in den Ferien. In Basel steckte sich die Betreuerin einer Kindertagesstätte mutmasslich in Mailand an. Kinder, die mit ihr Kontakt hatten, müssen 14 Tage in Quarantäne.

In Zürich war eine Frau infiziert, die bis vor einer Woche in Mailand war. Der Genfer Fall betrifft einen ebenfalls aus der norditalienischen Metropole heimgekehrten IT-Angestellten. Der infizierte Mann im Aarau kam von einer Geschäftsreise nach Verona zurück. Beim zuerst bekannt gewordenen Fall im Tessin handelt es sich um einen Rentner, der in Mailand an einer Versammlung war.

Bund appelliert  an Eigenverantwortung

"Es ist zu erwarten und abzusehen, dass mehr Fälle dazukommen werden", sagte Daniel Koch, Leiter Abteilung übertragbare Krankheiten im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Donnerstag in Bern vor den Medien. Das Gesundheitssystem werde "sehr rasch an seine Grenzen stossen". Es sei klar, dass künftig der Fokus auf die schweren Corona-Fälle gelegt werde.

Im Kampf gegen das Virus appelliert der Bund an Eigenverantwortung und Solidarität. Das BAG hat eine Informationskampagne gestartet, um für die wichtigsten Hygiene- und Verhaltensregeln zu sensibilisieren.

Die Kernbotschaften der Kampagne "So schützen wir uns" lauten: Hände waschen, in Taschentuch oder Armbeuge husten und niesen, bei Fieber und Husten zu Hause bleiben. Diese Regeln werden mit Piktogrammen und Text vermittelt.

Flughafen Zürich hält Zivilschutzunterkunft bereit

Am Freitag werden die Hygieneregeln des BAG via Printmedien bekannt gemacht, kommende Woche dann über Fernsehen und Online-Medien. Spätestens am Montag soll zudem die Website www.bag-coronavirus.ch aufgeschaltet werden. Im Tessin erhielten Einreisende am Strassenzoll in Chiasso Flyer mit Hygiene- und Verhaltenstipps.

Mehrere Kantone informierten am Donnerstag über ihre Vorbereitungen auf das Virus. Zürich zum Beispiel hat Quarantäne-Plätze bereit, wie die Gesundheitsdirektion mitteilte. Am Flughafen Zürich könne jederzeit eine Zivilschutzunterkunft mit 200 Plätzen in Betrieb genommen werden. Und das Unispital kann innert dreier Tage ein Bettenhaus mit über 160 Betten in eine Quarantäne-Station umnutzen.

Die Kantone Zürich und Bern meldeten am Donnerstag auf Anfrage je rund 120 Verdachtsfälle. In Bern waren alle rund 70 durchgeführten Tests negativ; rund 50 waren offen. In der Waadt liessen sich bisher 90 Personen testen, in Graubünden 20. In Neuenburg waren Tests von vier Personen, darunter drei Kinder, negativ.

Im Tessin, dem Kanton, in dem sich diese Woche der erste Fall bestätigt hatte, waren am Donnerstag 15 Testresultate ausstehend. 10 Tests hätten ein negatives Resultat gebracht, sagte Kantonsarzt Giorgio Merlani am frühen Donnerstagabend. Verdachtsfälle gab es laut der Umfrage von Keystone-SDA auch in der Zentralschweiz.

Kritik aus dem Tessin

Kritik gab es im Tessin am Vorhaben, nach den Fasnachtsferien am Montag den Unterricht an den Schulen wieder aufzunehmen. Innert kürzester Zeit unterschrieben über 1000 Personen eine Petition im Internet, die fordert, die Schulen im Kanton zu schliessen.

Sollte die Regierung entscheiden, den Unterricht einzustellen, so wäre das wohl für längere Zeit, erklärte Gesundheitsdirektor Raffaele de Rosa. Aus diesem Grund müsse ein Entscheid wohl überlegt werden. Die Regierung nehme diese Petition sehr ernst. Dennoch müsse sie weitsichtig handeln, resümierte De Rosa.

Fasnachtsveranstaltungen wurden im Tessin schon am Mittwoch abgesagt. Andere Grossanlässe folgten: Tausende Breitensportler müssen auf den Engadiner Skimarathon verzichten. Der Wettkampf kann wegen des Coronavirus nicht ausgetragen werden.

Uhrenmesse "Watches & Wonders" findet nicht statt

In Genf wird die Uhrenmesse "Watches & Wonders" nicht stattfinden. Bereits früh, rund zwei Monate vor dem geplanten Messestart haben die Veranstalterin die Reissleine gezogen. Noch unklar bleibt, ob die "Baselworld" durchgeführt werden kann. Am Genfer Autosalon, der am 5. März beginnt, reduzieren diverse Aussteller ihre Präsenz.

Offen war am Donnerstag, ob am Montag in Basel zum Morgenstreich geblasen werden darf. Die Behörden in Basel stellten für Freitag einen Entscheid in Aussicht, ob die Basler Fasnacht stattfinden darf. In Bern wurde die Fasnacht bisher nicht abgesagt.

Das Eishockey-Heimspiel Rapperswil-Jona Lakers gegen Lugano findet am Freitagabend vor leeren Rängen statt. Das St. Galler Gesundheitsdepartement verfügte das aufgrund des bestätigten Falls im Tessin.

Auch das Verteidigungsdepartement (VBS) reagiert auf Sars-CoV-2. Es hat den für Freitag geplanten Kadertag vorsorglich auf einen unbekannten Termin verschoben. Rund 850 Personen waren zum Anlass in Payerne VD erwartet worden. Ein Sprecher des VBS bestätigte eine Meldung des Westschweizer Portals 24heures.ch.

(AWP)