Eine rechtliche Möglichkeit wäre es, die Steuer ohne Ungarn über den Mechanismus der verstärkten Zusammenarbeit in der EU einzuführen. Damit kann eine Gruppe von EU-Ländern gemeinsame Regeln einführen, ohne dass sich alle daran beteiligen müssen. Der Nachteil ist allerdings, dass dann auch andere Länder wieder abspringen könnten. Lindner hatte zuvor gesagt, dass Deutschland bereit sei, die Mindeststeuer zunächst auch nur national umzusetzen.
Die EU und die USA hatten sich im vergangenen Jahr zusammen mit rund 130 anderen Ländern auf eine ehrgeizige internationale Steuerreform geeinigt. Ziel ist es, die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen zu verhindern. Internationale Firmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sollen demnach unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen.
Ungarn blockiert die Umsetzung eines entsprechenden Gesetzes auf EU-Ebene jedoch. Zuvor hatte Polen das Vorhaben aufgehalten, seine Blockade später aber aufgegeben, nachdem der polnische Corona-Aufbauplan für Zahlungen in Milliardenhöhe gebilligt worden war. Es wird vermutet, dass Ungarn eine ähnliche Strategie verfolgt. Steuerpolitik muss in der EU einstimmig beschlossen werden.
Ein weiterer Teil der globalen Steuerreform soll sicherstellen, dass internationale Digitalkonzerne wie Facebook nicht nur im Heimatland besteuert werden, sondern auch dort, wo sie tatsächlich Geschäfte betreiben. Für diesen Teil des Vorhabens gibt es noch keinen konkreten Gesetzesentwurf. Lindner und die anderen vier Ressortchefs sicherten zu, auch diesen Teil umsetzen und dafür ein weiteres Abkommen im nächsten Jahr unterschreiben zu wollen./dub/DP/mis
(AWP)