Die EU-Kommission hat Googles Geschäftsverhalten seit gut einem Jahrzehnt im Visier. 2017 verhängte sie wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bei Produktanzeigen in Suchergebnissen eine Strafe von 2,42 Milliarden Euro. Wegen der Wettbewerbslage beim meistverwendeten Smartphone-System der Welt - Android - wurde 2018 sogar die Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro fällig. Der Konzern steckte die finanziellen Strafen schnell weg - doch die Kommission setzte auch Änderungen an Googles Geschäftsmodell durch.

Aus Brüsseler Sicht erfülle Google bisher die Vorgaben, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nun zu den beiden ersten Fällen. Zugleich gebe es weiterhin Beschwerden von Konkurrenten in den Bereichen Job-Anzeigen und lokale Werbung, die Kommission prüfe das, sagte sie und liess damit die Aussicht auf neue Wettbewerbsverfahren offen.

Mit Blick auf "AdSense for Search" erklärte sie, Google habe mehr als zehn Jahre lang seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und anderen Unternehmen die Chancen auf fairen Wettbewerb und Innovationen verbaut. Internetportalen, die "AdSense" einbanden, seien vertragliche Beschränkungen auferlegt worden, andere Anbieter zu nutzen. Ausserdem wurden Google-Anzeigen in den Suchergebnissen prominent dargestellt. Das Geschäftsgebaren bestand demnach mindestens seit dem Jahr 2006. Im Jahr 2016 - nach ersten Einwänden der Kommission - hob Google die Einschränkungen auf.

Internetseiten und Werbekunden hätten weniger Auswahl gehabt und sich höheren Preisen ausgesetzt gesehen, die letztlich auch an die Verbraucher weitergereicht werden konnten, sagte Vestager weiter. "Jeder, der durch Googles Verhalten geschädigt wurde, kann vor nationalen Gerichten auf Entschädigung klagen."

Mit dem dritten Wettbewerbsfall geht Vestager nun auch zumindest gegen einen Teil des Kerngeschäfts von Google mit Online-Werbung vor. Finanziell ist "AdSense" für Google eher ein Nischenprodukt. Genaue Zahlen zu dem Teildienst gibt es nicht.

Googles Werbegeschäft spielt insgesamt den Löwenanteil der Erlöse des Mutter-Konzerns Alphabet ein. Im Schlussquartal 2018 verdiente das Unternehmen dank sprudelnder Werbeeinnahmen rund neun Milliarden Dollar (etwa 7,9 Mrd Euro). Der Umsatz legte kräftig zu und lag bei 39,3 Milliarden Dollar. Doch den satten Zuwächsen standen auch kräftig gestiegene Ausgaben - vor allem für Infrastruktur - gegenüber.

Tiefgreifende Änderungen am Geschäftsmodell setzte Brüssel vor allem bei Android durch: Google verlangt inzwischen von Geräteherstellern Geld, wenn sie in Europa Smartphones mit bislang kostenlosen Apps des Konzerns wie Karten oder GMail verkaufen. Am Mittwoch kündigte das Unternehmen zudem an, Android-Nutzer künftig über Internet-Suchmaschinen und Webbrowser anderer Anbieter zu informieren. In Frage kommen da etwa die Suchmaschine Bing des Konkurrenten Microsoft oder DuckDuckGo sowie der Internetbrowser Firefox von Mozilla.

"Wir sind auf die Einwände der Kommission eingegangen und haben bereits eine Vielzahl an Produktänderungen vorgenommen", erklärte Google-Manager Kent Walker. "In den kommenden Monaten werden wir weitere Updates machen, um Wettbewerbern in Europa mehr Sichtbarkeit einzuräumen."

Google-Kritiker aus der ICOMP-Initiative für mehr Online-Wettbewerb äusserten sich trotz allem äusserst kritisch. "Die grosse Strafzahlung heute, deren Ermittlung Jahre dauerte, [...] wird nur einen geringen Effekt haben. In der Zwischenzeit sind Konkurrenten verkümmert oder gestorben", sagte ICOMP-Vorstand Michael Weber. Die EU und Regierungen in aller Welt müssten stattdessen unter anderem Googles Suchmaschinengeschäft von der Vielzahl anderer Produkte trennen - etwa der Videoplattform YouTube oder dem Smartphone-System Android./asa/DP/nas

(AWP)