Plötzlich ging es sehr schnell. Am Dienstagnachmittag durchbrach der Euro-Franken-Kurs die Marke von 1,17 nach unten. 24 Stunden später fiel auch die Barriere von 1,16. Bevor es wieder etwas aufwärts ging, erreichte das Währungspaar die Talsohle bei 1,1581 – der tiefste Stand seit Anfang März.

Ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) dem Erstarken des Schweizer Frankens vorerst ein Ende setzte, ist unklar. Marktbeobachter glauben eher nicht daran: "Viel eher waren es Investoren, welche die Gelegenheit nutzten, um bei tieferen Kursen wieder einzusteigen", sagt Caroline Hilb, Leiterin Anlagestrategie und Analyse bei der St.Galler Kantonalbank (SGKB). Eine Intervention der SNB werde wieder wahrscheinlicher, wenn Euro-Franken in die Region von 1,15 falle.

Der Euro-Franken-Kurs seit dem 8. Mai 2018 (Quelle: cash.ch)

Es sind einerseits Sorgen rund um die politische Ausrichtung Italiens, die den Euro derzeit schwächen. Die beiden europakritischen Parteien Lega und Cinque Stelle sind daran, die Macht zu übernehmen. Staatspräsident Sergio Mattarella gab am Mittwoch dem politischen Nobody Giuseppe Conte den Regierungsauftrag.

Eurozone auf unsicheren Füssen

Noch ist ungewiss, in welche Richtung sich Italien – immerhin die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone – konkret entwickeln wird. Doch plötzlich ist wieder die Rede von einem Austritt Italiens aus der Währungsunion. Zudem verletzen mehrere Punkte des neuen Regierungsprogramms die Vereinbarungen mit der EU.

Auch wenn die italienische Verfassung für internationale Verträge gar keine Referenden vorsieht, reicht die Verunsicherung offenbar, um Finanzinvestoren aus Euro-Anlagen zu vertreiben. Das hat auch die Renditen italienischer Staatsanleihen deutlich ansteigen lassen.

"Mit dem Wahlausgang in Italien hat die Euphorie für den Euro einen heftigen Dämpfer erhalten", sagt Ökonomin Hilb. Der Kurssturz des Euro wurde noch beschleunigt durch enttäuschende Zahlen zur Unternehmensstimmung in der Eurozone. Und auch die Umsetzung von Emmanuel Macrons Reformplänen in Frankreich werden vermehrt hinterfragt.

Die ganze Situation rund um den Euro zeigt auch, wie wenig es braucht, um bei Investoren Verunsicherung zu verbreiten und den Franken als Fluchtwährung wieder in Erinnerung zu rufen. Diese Funktion schien die heimische Währung zuletzt etwas abgelegt zu haben. Im April kletterte der Euro-Franken-Kurs bis auf 1,20 – ungeachtet verschiedener Spannungen wie der Handelsstreit zwischen China und den USA.

Was macht die EZB?

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) ist mit Blick auf Italien beunruhigt. Eine Ansteckungsgefahr für andere Länder der Eurozone sei "noch nicht ganz vom Tisch", sagte EZB-Vizepräsident Vitor Constancio am Donnerstag gemäss der Nachrichtenagentur AWP. Bleibt die Situation unsicher, dürfte sich die EZB noch mehr Zeit lassen, um konkrete Zeichen im Hinblick auf eine Zinserhöhung auszusenden.

Die Schwäche des Euro zeigt sich derzeit auch beim Verhältnis zum US-Dollar. Der Euro-Dollar-Kurs ist auf den Stand von Dezember 2017 zurückgefallen. Nimmt die amerikanische Notenbank Fed wie angekündigt weitere Zinsschritte vor, dürfte das den Dollar weiter stärken.

Am Donnerstagmittag stand der Euro-Franken-Kurs knapp über 1,16. Eine Region, in der sich der Wechselkurs laut SGKB auch in zwölf Monaten bewegen dürfte (Prognose: 1,12-1,17). Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwartet man in den nächsten drei Monaten eine Erholung auf 1,17. Doch Devisenpaare bleiben schwierig zu prognostizieren, auch weil sie sich von Zeit zu Zeit sehr schnell verändern können.