Grundsätzlich erachtet Sassòli die Nichtwiederausfuhrerklärungen - wie sie zurzeit etwa von Deutschland kritisiert werden, das Munition aus der Schweiz an die Ukraine liefern will - als etwas Sinnvolles. "Ohne sie würden Schweizer Waffen in sämtliche Kriege gelangen", sagte Sassòli in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit den Tamedia-Titeln.
Das internationale Neutralitätsrecht verpflichte die Schweiz zwar nicht, zu verhindern, dass ein anderes Land Schweizer Munition weitergibt. Doch in jenem Fall habe die Schweiz von Deutschland eine Nicht-Wiederausfuhrerklärung verlangt.
Würde sie diese jetzt aufheben, damit eine Kriegspartei wie die Ukraine Waffen erhält, umginge die Schweiz damit das Neutralitätsrecht. Hier gehe es um den Kern des Rechts. Im Schweizer Kriegsmaterialexportgesetz sei der Fall sowieso klar: "Die Bewilligung darf in einem solchen Fall nicht erteilt werden", sagte Sassòli.
Auch eine mögliche Berufung des Bundesrates auf Notrecht, um die Munitionslieferungen zu ermöglichen, wäre seiner Meinung nach nicht legitim. Denn dafür bräuchte es eine Notlage. Und die sei für die Schweiz nicht gegeben.
Auch die Forderung, nur von bestimmten Ländern Erklärungen zu verlangen und von anderen nicht, sei delikat. Denn das könnte dazu führen, dass Indien beispielsweise keine Schweizer Waffen an Saudiarabien für den Jemen-Krieg liefern könnte, Grossbritannien aber schon.
Dass Schweizer Munition etwa für den Schutz von Getreideexporten in der Ukraine gebraucht würde, wie das die deutsche Verteidigungsministerin sagt, sei kein stichhaltiges Argument für eine Lockerung. Man könne ohnehin nicht kontrollieren, was mit der Munition vor Ort genau geschehe, sagte Sassòli.
(AWP)