Sie werde Anfang 2015 ihre geldpolitischen Maßnahmen überprüfen und bei Bedarf "Umfang und Tempo" ändern, sagte Notenbankchef Mario Draghi am Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rats. Als geeignetes Mittel zum Öffnen der Geldschleusen gilt der Ankauf von Staatsanleihen, wie ihn andere Zentralbanken - etwa in den USA oder Großbritannien - bereits eingesetzt und damit die Wirtschaft nach der Finanzkrise wieder in Schwung gebracht haben. Allerdings stößt dieses Instrument bei der Bundesbank wegen rechtlicher Bedenken auf Kritik.

"Wir haben alle Arten von Maßnahmen lang und breit diskutiert", erklärte Draghi. Dabei sei es auch um das sogenannte "Quantitative Easing" (QE) gegangen, wie der Kauf von Staatsanleihen im Fachjargon umschrieben wird. Die Märkte reagierten zunächst positiv auf die Aussicht einer noch stärkeren Geldflut im Euro-Raum: Der Dax kletterte kurzzeitig auf ein Rekordhoch von 10'083 Punkten, rutschte danach aber deutlich ins Minus. "Die EZB bleibt in einer abwartenden Haltung", sagte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. Das habe so machen Marktteilnehmer enttäuscht.

Die neuen Prognosen der hauseigenen EZB-Ökonomen zu Inflation und Konjunktur dürften im Rat die Alarmsirenen schrillen lassen: Das Inflationsziel von knapp zwei Prozent wird wohl auf Jahre hinaus deutlich verfehlt. 2015 soll die Teuerung bei 0,7 Prozent liegen und 2016 nur auf 1,3 Prozent steigen. Das immer billigere Öl drückt auf die Verbraucherpreise, die im November nur noch leicht um 0,3 Prozent stiegen. Manche Experten erwarten sogar, dass sie bald sinken werden. Auch die Wirtschaftsleistung soll laut EZB-Ökonomen nächstes Jahr nur um ein Prozent zulegen - zu wenig, um die hohe Arbeitslosigkeit in vielen Euro-Ländern zu drücken.

"Immer wahrscheinlicher"

Der Chef des Berliner Forschungsinstituts DIW, Marcel Fratzscher, sieht in den Worten Draghis eine klare Ankündigung, dass der Ankauf von Staatsanleihen "immer wahrscheinlicher" wird. Draghi und sein Stellvertreter Vitor Constancio hatten die Tür dafür zuletzt bereits weit geöffnet. Durch einen solchen Schritt würde die Inflation angeheizt.

Dahinter steckt die Absicht, die maue Konjunktur anzukurbeln und eine Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, sinkender Nachfrage der Verbraucher und Investitionen der Firmen zu verhindern. Eine solche Deflation kann eine Wirtschaft auf Dauer lähmen, wie Japan schmerzlich erfahren musste. Die dortige Notenbank versucht mit einer wahren Geldflut aus dieser misslichen Lage herauszukommen.

Um die EZB-Bilanz auf das Niveau von Anfang 2012 aufzublähen, wie es die Notenbank beabsichtigt, müssten die Hüter des Euro rund eine Billion Euro ins Finanzsystem pumpen. Die meisten Beobachter rechnen nicht damit, dass diese Summe mit den bereits angelaufenen Maßnahmen wie dem Kauf von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen erreicht werden kann.

(Reuters)