Die Credit Suisse etwa räumt neun Stockwerke; und Morgan Stanley stellt die gesamte Präsenz in London auf den Prüfstand. All diese Schritte waren bereits geplant, bevor das Coronavirus zuschlug. Im Zuge der voraussichtlich schlimmsten Rezession seit drei Jahrhunderten werden nun wahrscheinlich Tausende von Stellen abgebaut.

Infolgedessen müssen sich die Vermieter der Glas- und Stahltürme, die die City of London und Canary Wharf dominieren, auf einen noch grösseren Aderlass einstellen.

"Grössere Banken sind eindeutig ein höheres Risiko für Vermieter", sagte Rogier Quirijns, Leiter der europäischen Immobilienbranche bei Cohen & Steers, der Immobilienfonds im Wert von mehr als 2 Milliarden Dollar verwaltet. "London droht eine Rezession und ein möglicher No-Deal-Brexit, und ich gehe davon aus, dass Covid-19 diese Risiken höchstwahrscheinlich verstärken wird."

Banken schrumpfen und sparen

Die Deutsche Bank, die in den letzten Jahren etwa ein Dutzend Gebäude, grösstenteils in der City angemietet hatte, wird die meisten verlassen und nach der Fertigstellung im nächsten Jahr in ein neues Objekt in 21 Moorfield ziehen. Die Bank hatte im letzten Jahr angekündigt, Vermögenswerte von Hunderten Milliarden Dollar abzustossen und bis zu 18'000 Stellen zu streichen. Nomura und HSBC wollen unterrichteten Kreisen zufolge Büroräume in Gebäuden am Themse-Ufer untervermieten.

Die Pandemie hat den Banken weiteren Anlass gegeben, zu schrumpfen und zu sparen, nachdem sie bereits ein Jahrzehnt lang infolge der Finanzkrise in aller Stille Büroraum reduzieren. In den letzten neun Jahren ist ihre Bürofläche in London um etwa 557'000 Quadratmeter zurückgegangen, was etwa einem Dutzend Hochhäusern in der Grösse der Londoner "Gurke" entspricht, sagt Makler CBRE. Mit der Gurke (oder "Gherkin") ist der Bürobau gemeint, den einst die Swiss Re als Investorin hochgezogen hat. 

Laut Coalition Development haben sich die Entlassungen im ersten Quartal beschleunigt, und die Mitarbeiterzahl der 12 grössten Investmentbanken ging um 5 Prozent zurück - der stärkste Rückgang in diesem Zeitraum seit mindestens sechs Jahren. Ein Grossteil davon wurde von angeschlagenen europäischen Kreditinstituten getrieben, die bereits lange vor dem Virusausbruch auf Schrumpfkurs waren, sagt Amrit Shahani, Leiter Research bei Coalition. Er prognostiziert, dass die Banken des Kontinents bis Ende dieses Jahres 20 Prozent weniger Mitarbeiter haben könnten als zu Beginn des Jahres 2019.

«Work from Home» ist populär geworden

Neben dem Abbau von Arbeitsplätzen beschäftigen sich die Banken mit der Zukunft des Büros selbst. Es bedurfte erst einer tödlichen Pandemie, um die Chefs davon zu überzeugen, dass die Arbeit von zu Hause aus sowohl effektiv als auch relativ einfach sein kann. Dies hat einer Branche, die bereits tief in Kosteneinsparungen steckte, eine günstige Gelegenheit geboten.

Bankmanager von Barclays-Chef Jes Staley bis hin zu Morgan-Stanley-CEO James Gorman haben sogar angefangen, sich zu fragen, ob Unternehmenszentralen nicht veraltet sein könnten. Die UBS hat angekündigt, dass bis zu ein Drittel der Mitarbeiter dauerhaft von zu Hause aus arbeiten könnten.

Da die meisten Londoner Banker weiter im Home Office sind, bleibt aber unklar, wie viel Büroraum letztlich in den Zentralen benötigt wird. "Hier steht die Beurteilung noch aus", sagt William Beardmore-Gray, globaler Leiter der Abteilung Occupier Services und Handelsagentur beim Makler Knight Frank. "Ich bin mir jedoch sicher, dass die wichtigsten Bürozentren der Welt dadurch nicht kleiner werden, da die Art und Weise, wie wir interagieren, von grundlegender Bedeutung ist."

Coronakrise erleichtert Pläne

Für viele Banken lautete „ihr Fünfjahresplan vor Covid, ihre Bürofläche um 20 Prozent zu reduzieren", sagte Mat Oakley, Leiter kommerzielle Analyse beim Makler Savills. "Das hat also nichts mit Covid zu tun - sie finden nur plötzlich wegen Covid einen Weg, diesen Plan zu verwirklichen."

Unternehmen in der Londoner Innenstadt haben seit Beginn des Lockdowns Mitte März versucht, fast 93'000 Quadratmeter Bürofläche loszuwerden, wobei nach neuesten Daten von Savills etwa 16 Prozent von Banken stammen. Etwas mehr als ein Drittel der Angebote bis Mitte Juni standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Virus.

Die Geschäftsführer von Immobiliengesellschaften spielen normalerweise die Lage herunter. Zwar gefährden die Lockdowns auf der ganzen Welt den Wert der Bürogebäude und viele Mietzahlungen werden ausbleiben. Aber sie zählen immer noch darauf, dass globale Firmen weiterhin an exklusiven Zentralen interessiert sind. Die Branche setzt auch darauf, dass die Menschen nach dem Home Office die menschliche Interaktion noch mehr schätzen.

"Bei Immobilien dreht sich alles um die langfristige Planung", sagte Toby Courtauld, Geschäftsführer des Vermieters Great Portland Estates, der zwei benachbarte Bürotürme in der City besitzt. "London bleibt weltweit ein überaus wichtiges Zentrum, und wir denken, dass die Extrapolation kurzfristiger Probleme in langfristige Trends übertrieben ist."

(Bloomberg/cash)