Vielleicht könne es im Juli soweit sein, sagte das EZB-Ratsmitglied am Freitag Bloomberg TV. Eine Erhöhung bereits im Juni komme zwar nicht in Frage. "Doch können wir uns bewegen und zwar schrittweise, indem wir die Zinsen in den kommenden Monaten anheben." Er halte es für möglich, den negativen Bereich zu verlassen. Banken müssen derzeit noch Strafzinsen berappen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Dieser sogenannte Einlagesatz ist aktuell bei minus 0,5 Prozent. Zugleich liegt der Leitzins - also der Hauptrefinanzierungssatz - bei 0,0 Prozent.

Starke Signale von EZB-Chefin Christine Lagarde deuten laut dem Ökonomen Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank darauf hin, dass eine Zinsanhebung im Juli "mittlerweile in Stein gemeisselt" sei. Lagarde sagte in einer viel beachteten Rede in Slowenien, die Anleihenkäufe dürften zu Beginn des dritten Quartals auslaufen, gefolgt von einer Zinserhöhung, die womöglich "einige Wochen später" kommen könne. "Wer nun aber glaubt, dass bereits im Juli die Phase von Null- und Negativzinsen beendet wird, dürfte falsch liegen", so Gitzel. Die EZB werde vermutlich im Juli lediglich den Einlagesatz auf minus 0,25 Prozent erhöhen, meint der Experte. Erst bei der folgenden Sitzung im September dürfte dann auch der Hauptrefinanzierungssatz um einen Viertel Prozentpunkt angehoben werden, so die Prognose des Ökonomen.

Die Teuerungsrate ist mit zuletzt 7,4 Prozent im Euroraum weit über das Ziel der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent hinausgeschossen und setzt die Währungshüter unter Zugzwang. Bundesbankchef Joachim Nagel und auch andere Ratsmitglieder haben eine Zinswende für Juli fest ins Auge gefasst. Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot brachte sogar die Möglichkeit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt ins Spiel, falls die Inflation in den nächsten Monaten auf noch breiterer Basis stehe oder zulege.

(Reuters)