Nicht nur ist mit der ABLV Bank plötzlich das drittgrösste Institut des baltischen Landes unter der Last von Geldwäsche-Vorwürfen zusammengebrochen. Auch wurde der langjährige lettische Notenbankchef, Ilmars Rimsevics, ein EZB-Ratsmitglied, zeitweise wegen Korruptionsvorwürfen in Haft genommen. Er weist die Anschuldigungen zurück.

Zwar rechnen Experten nicht mit einem grossen Imageschaden für die Europäische Zentralbank (EZB). Wichtig ist für sie aber eine umfassende Aufklärung. Eine Lehre aus den Vorfällen könnte sein, bestehende Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche zu überarbeiten.

"Die spannende Frage ist, ob es Prozesse der Faktenklärung und einer anschliessenden, angemessenen Reaktion gibt", sagt etwa Finanz- und Regulierungsexperte Jan Pieter Krahnen von der Universität Frankfurt. Es gebe keinen Grund daran zu zweifeln, dass dies bei der EZB auch so gesehen und entsprechend verfahren werde. Sie betreibe grossen Aufwand, um regelkonform zu handeln.

Friedrich Heinemann vom Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW pflichtet dem bei: Mögliche kriminelle Verfehlungen des lettischen Notenbankchefs würden der EZB keinen gravierenden Reputationsschaden zufügen. "Schwarze Schafe gibt es in den besten Familien", so der Experte. Das sei hier eher als ein Einzelfall zu sehen.

ABLV-Abwicklung steht an

Während die Vorwürfe gegen Lettlands Notenbankchef noch nicht geklärt sind, ist das Schicksal der ABLV Bank besiegelt. Nach einem Zahlungsmoratorium, mit dem Kontoabflüsse gestoppt werden sollten, stufte die EZB das Institut als nicht-überlebensfähig ein. Nun steht die Abwicklung an. Die USA hatten dem Geldhaus vorgeworfen, Kunden zu ermöglichen, UN-Sanktionen gegen Nordkorea zu unterlaufen. Strafmassnahmen wurden angedroht. Die Bank wies die Vorwürfe zurück.

Als die Sanktionsandrohung bekanntwurde, zogen Kunden jedoch in kurzer Zeit rund 600 Millionen Euro von ihren Konten ab. Die Folge: Das Institut geriet in finanzielle Schieflage. Die ABLV ist eine von nur drei direkt von der EZB beaufsichtigten Banken in Lettland, das seit 2014 Teil der Währungsunion ist.

Löcher im Netz der Aufsicht

Giacomo Barisone von der Rating-Agentur Scope, ein Fachmann für die Bonität von Staaten, verweist darauf, dass es nicht das erste Mal sei, dass Geldwäsche-Anschuldigungen gegen ein lettisches Institut erhoben würden. Er nimmt aber die EZB gegenüber Vorwürfen in Schutz: "Das liegt nicht im expliziten Aufgabenbereich der EZB als solchem". Das US-Finanzministerium habe die Macht, in solchen Fällen effektiver vorzugehen.

Es hatte für Verwunderung gesorgt, dass es eine Behörde des US-Finanzministeriums war, die auf mutmassliche Geldwäsche-Vorfälle öffentlich aufmerksam gemacht hatte. Für Experten zeigt dies, dass das aktuelle System der Aufsicht in der Euro-Zone Schwächen hat. Bei Errichtung der EZB-Bankenaufsicht wurden die Befugnisse für Geldwäsche-Ermittlungen in den einzelnen Ländern belassen. "Längerfristig wird man wünschen, dass der Aufgabenbereich der EZB erweitert wird", sagt Guntram Wolff von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Die Umsetzung sei aber schwierig.

EZB-Bankenwächter können zwar beispielsweise prüfen, ob Manager und Grossaktionäre fachlich geeignet und persönlich zuverlässig sind - der sogenannte Fit&Proper-Test. Zudem können sie das Risikomanagement unter die Lupe nehmen und an Treffen der Führungsgremien teilnehmen. Bei der Geldwäsche-Bekämpfung sind ihnen aber weitgehend die Hände gebunden. Sie habe nicht die Ermittlungsbefugnisse, um solche Verstösse aufzuspüren, erklärte unlängst die oberste EZB-Bankenkontrolleurin, Daniele Nouy.

Besserer Zugang zu Informationen

Auch Sven Giegold sieht bei der Geldwäsche-Bekämpfung Lücken, etwa beim Informationsaustausch. Dem Grünen-Politiker zufolge enthielt die Geldwäsche-Richtlinie in Europa ursprünglich sogar keine klaren Regeln über das Teilen von Informationen mit den Finanzaufsehern. "Wenn die Geldwäsche-Behörde irgendetwas entdeckt hat, dann durfte sie das der EZB nicht ohne weiteres mitteilen."

Mit der jüngst abgeschlossenen Reform dieser Richtlinie werde dieses Problem aber künftig behoben, ergänzt der Europa-Politiker. Dies müsse aber noch in jeweils nationales Recht umgesetzt werden. Doch selbst dann gebe es noch Handlungsbedarf. "Die andere Seite ist, wenn die Finanzaufsicht etwas entdeckt." Der Austausch von Informationen mit den Anti-Geldwäsche-Behörden sei in diesem Fall noch nicht geregelt. Seine Forderung: Diese Schwachstelle bei einer Reform der Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) zu beseitigen. Hierbei stehe man aber erst am Anfang.

(Reuters)