Mehrere Kabinettsmitglieder beglückwünschten Premierministerin Theresa May zu der Einigung, die dem Land die Tür zur zweiten Phase der Verhandlungen öffnen soll. Vertreter der nordirisch-protestantischen DUP und Anhänger eines klaren Schnitts mit Brüssel äusserten sich dagegen skeptisch bis ablehnend.

Finanzminister Philip Hammond sieht in der Einigung einen "Schub für die britische Wirtschaft". Das Pfund legte am Morgen kräftig zu und kletterte auf seinen höchsten Stand zum Euro seit beinahe sechs Monaten.

Der Aussenminister und Brexit-Befürworter Boris Johnson twitterte: "Glückwunsch an die Premierministerin für ihre Entschlossenheit beim Erreichen des heutigen Abkommens." Das Land werde nun auf eine "tiefe und besondere" Partnerschaft mit der EU hinarbeiten, gleichzeitig aber "die Kontrolle über Gesetze, Geld und Grenzen zurückholen". Umweltminister Michael Gove, ebenfalls ein überzeugter Brexit-Anhänger, jubelte: "Theresa May hat gewonnen."

Umstritten war bei den Verhandlungen bis zuletzt vor allem die Frage, wie Kontrollen an der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden können. Noch am Montag war eine Einigung am Widerstand der nordirischen DUP (Democratic Unionist Party) gescheitert, auf deren Stimmen May im Parlament angewiesen ist. Die Partei will verhindern, dass Nordirland einen Sonderstatus innerhalb des EU-Binnenmarkts und der Zollunion erhält.

In einer Kompromissformel einigte man sich nun darauf, dass so lange alles beim Alten bleiben soll, bis eine Lösung für die Grenze gefunden ist, der alle Seiten zustimmen können.

DUP-Chefin Arlene Foster machte Andeutungen, dass bei ihrer Partei noch grosse Skepsis herrscht. "Uns ist die Zeit ausgegangen" sagte Foster dem Nachrichtensender Sky News. May habe die Entscheidung allein getroffen, den Kompromisstext mit der EU zu akzeptieren. Die Premierministerin habe ihr aber eine klare Bestätigung gegeben, dass ganz Grossbritannien die EU, den europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen werde, sagte Foster.

Der irische Regierungschef Leo Varadkar zeigte sich zufrieden. "Wir haben alles erreicht, was wir uns für die erste Phase dieser Verhandlungen vorgenommen haben", sagte Varadkar in Dublin. Trotzdem seien die Verhandlungen noch in einem frühen Stadium. "Das ist nicht das Ende, sondern das Ende des Anfangs", sagte Varadkar. In Richtung der nordirischen Protestanten versicherte er, Dublin werde den Brexit nicht als Vorwand nutzen, um einseitig die Vereinigung Nordirlands mit der Republik im Süden voranzutreiben.

Irlands Aussenminister und Vize-Regierungschef Simon Coveney twitterte: "Sehr gutes Ergebnis für alle auf der irischen Insel - garantiert keine befestigte Grenze!"

Weniger zufrieden zeigte sich der ehemalige Chef der EU-feindlichen britischen Partei Ukip, Nigel Farage. "Ein Abkommen mit Brüssel ist eine gute Neuigkeit für Frau May, da wir jetzt in die nächste Phase der Erniedrigung eintreten können", twitterte Farage.

Der Verband der britischen Handelskammern BCC (British Chambers of Commerce) begrüsste die Einigung in Brüssel. Britische Unternehmen seien "erleichtert", dass ausreichender Fortschritt bei den Verhandlungen erreicht worden sei, sagte BCC-Chef Adam Marshall einer Mitteilung zufolge.

Vor allem die Rechte von EU-Arbeitnehmern in Grossbritannien seien ein Anliegen britischer Unternehmen gewesen. Nun müsse "absolute Klarheit" über die angestrebten langfristigen Handelsbeziehungen Grossbritanniens zur EU geschaffen werden. "Unternehmen wollen wissen, was der EU-Austritt für Vorschriften, Grenzkontrollen, Anstellungen, Produktstandards, Zölle und Steuern bedeutet."

Die deutsch-britische Industrie- und Handelskammer warnte vor allzu viel Optimismus. Die zweite Phase der Verhandlungen berge viele Risiken und die Gefahr eines Scheiterns sei noch nicht gebannt, sagte Ulrich Hoppe, Hauptgeschäftsführer der AHK in London, einer Mitteilung zufolge. "Ein solches Ergebnis hätte kurzfristig weitreichende negative Konsequenzen für beide Seiten, vorwiegend aber für Grossbritannien."/cmy/DP/zb

(AWP)