Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman gilt als beinhart und als jemand, der keinen Widerspruch duldet. Beim weltweit grössten Börsengang seines Erdölgiganten Saudi Aramco muss der 34-Jährige allerdings einen herben Schlag einstecken.

Internationale Investoren schauen sich die für kommende Woche erwartete Aktienemission lieber von der Seitenlinie an. Generell ist das Interesse an den Titel des Ölproduzenten niedriger als ursprünglich angenommen.

"Mit dem Börsengang wollten die Saudis und insbesondere der Kronprinz Aramco auf die internationale Investorenkarte setzen, aber das ist offensichtlich nicht gelungen", sagt Charles Hollis, ehemaliger britisch-saudischer Diplomat und Direktor der Nachrichtendienstes Falanx Assynt. Wegen des geringen Interesses ausserhalb der Golfstaaten sagten die Banken, die den Börsengang begleiten, sogar Werbeveranstaltungen in London und New York ab.

Aktie muss in Indices aufgenommen werden

Von 18 Fondsmanagern ausserhalb der Golfregion, die auf Anfragen der Nachrichtenagentur Reuters zu Saudi Aramco reagiert haben, sind zwei Drittel nicht an dem Börsengang interessiert. Fünf Vermögensverwalter haben noch keine Entscheidung getroffen, nur einer von ihnen will sich an der Erstemission beteiligen.

Ins Spiel kommen wollen viele Fonds erst, wenn die Aramco-Aktien in den grossen Indizes MSCI, FTSE Russell oder S&P aufgenommen werden. Das könnte Ende Dezember der Fall sein.

Der Börsengang von Aramco ist mit einem Volumen von 25,6 Milliarden Dollar grösser als der des bisherigen Rekordhalters Alibaba aus China und erregt alleine schon deshalb eine riesige Aufmerksamkeit auf der ganzen Welt. Als das Königreich die Pläne für Saudi Aramco 2016 publik gemacht hatte, gab es noch lauten Applaus. Doch die Ernüchterung machte sich schnell breit.

Transparenz in Frage gestellt

Skepsis herrscht vor allem wegen der Debatte um den Klimawandel, der politischen Unwägbarkeiten am Golf und des Mangels an Transparenz bei Saudi Aramco. "In Anbetracht des Kerngeschäfts von Aramco und dessen Auswirkungen auf den Klimawandel haben wir kein Interesse daran, in Saudi Aramco zu investieren", sagt eine Sprecherin des kanadischen Finanzinvestors Financiere des professionnels, der über einen Schwellenländerfonds gut zwei Prozent saudische Aktien hält.

Eigentlich wollte der saudische Prinz fünf Prozent an Aramco an die Börse in Riad bringen und damit 100 Milliarden Dollar einnehmen für den Umbau des stark vom Erdöl abhängingen Landes. Nun werden Investoren lediglich 1,5 Prozent angeboten. Von den ursprünglichen Plänen für eine Emission an einer internationalen Börse wie New York oder London ist schon lange keine Rede mehr.

Mit günstigen Krediten gelockt

Laut Daten vom vergangenen Freitag entfielen auf internationale Anleger gerade einmal zehn Prozent des gezeichneten Volumens von 38,4 Milliarden Dollar. Selbst den Anlegern aus der Region mussten die Banken das Börsendebüt schmackhaft machen, sie boten vergünstigte Kredite an für die Zeichnung der Titel. Früheren Aussagen von Insidern zufolge sind die Staatsfonds von Abu Dhabi und Kuwait mit an Bord.

In dem 658 Seiten dicken Börsenprospekt hatte Saudi Aramco versucht, die Bedenken der internationalen Fonds aus dem Weg zu räumen. Unter anderem soll künftig mehr Wert auf erneuerbare Energien gelegt werden und der Energieverbrauch soll generell verringert werden.

Auch gegen das Risiko von Terrorangriffen und gegen Korruptionsvorwürfe will der Konzern etwas unternehmen. "Sie versuchen ihr Bestes, um das Angebot schmackhaft zu machen, und das wird für manche Anleger auch in Ordnung sein, aber nicht unbedingt für uns", sagt Rob Marshall-Lee, Chefhändler beim Vermögensverwalter Newton Investment Management in London.

Stunde der Wahrheit

Insidern zufolge ist am Mittwoch nächster Woche der Tag der Wahrheit für Prinz Mohammed: Die Finanzwelt wird mit Argusaugen darauf schauen, ob die Saudi-Aramco-Aktien am ersten Handelstag über oder unter ihrem Ausgabepreis von 32 Riyal (8,53 Dollar) starten. Es wäre nicht das erste Unternehmen, bei dem eine herbe Enttäuschung droht.

So brach die Aktie des Fahrdienstvermittlers Uber beim Börsendebüt im Mai zeitweise um mehr als acht Prozent ein. Vom einstigen Ausgabepreis von 45 Dollar ist schon lange nichts mehr zu sehen, die Titel notieren derzeit bei rund 29 Dollar.

(Reuters)