Griechenland läuft die Zeit davon. Alleine in den ersten zwei Mai-Wochen werden Schulden und Zinsen im Umfang von knapp vier Milliarden Euro fällig. In den Medien jagt ein Gerücht das nächste. Bei den Euro-Rettern liegen deshalb verständlicherweise die Nerven blank.

Anlässlich eines Treffens in Riga gaben die Finanzminister vergangene Woche jegliche diplomatische Zurückhaltung auf und übten vereinzelt harsche Kritik an der neuen Regierung in Athen.

Für den Chefökonomen der französischen Oddo Securities steht fest: Ein Staatsbankrott Griechenlands ist unausweichlich. Doch weder wirtschaftlich, noch politisch sei in der Folge mit einem Flächenbrand zu rechnen. Seine Einschätzung daher: "Der Grexit wäre nicht das Ende der Welt."

EZB könnte die Folgen eindämmen

Der Experte sieht drei Gefahrenherde eines Staatsbankrotts: Finanzielle Ausfälle für die Banken, höhere Risikoaufschläge für stark verschuldete europäische Staaten sowie Folgen für die Politik.

Was die Risiken für den europäischen Bankensektor anbetrifft, so hält der Chefökonom von Oddo Securities diese für überblickbar. Der Europäischen Zentralbank (EZB) stünden gleich mehrere Möglichkeiten offen, die Folgen auf das griechische Bankensystem und eventuell jenes der angrenzenden Länder zu beschränken.

Dasselbe gilt für die Gefahr steigender Risikoaufschläge für Staatsanleihen hochverschuldeter Länder. Mit den Wertpapierkäufen im Umfang von 60 Milliarden Euro im Monat sei es der EZB möglich, diese Entwicklung im Zaum zu halten, so der Experte.

Letztes Wort noch nicht gesprochen

Selbst politisch erachtet der Chefökonom einen Staatsbankrott Griechenlands für verkraftbar. Folgen seien nur dann zu erwarten, wenn die Forderungen der griechischen Regierungspartei Syriza in anderen Ländern von extremen Parteien aufgegriffen würden. Bislang sei Syriza aber ein eher abschreckendes Beispiel für die Politiker anderer europäischer Länder.

Unklar sei, wie ausländische Investoren auf einen Staatsbankrott reagieren würden. Fakt sei, dass Griechenland die Kriterien für die Währungsunion nur mit Tricks zu erfüllen vermochte. Für den Experten wäre ein Austritt des Landes deshalb nur eine Wiedergutmachung eines früheren Fehlers. Als einen solchen rechnet er nicht mit harschen Folgen für die europäischen Finanzmärkte.

Noch scheint das letzte Wort allerdings nicht gesprochen. Auf politischer Ebene wird im Hinblick auf die finanziellen Verpflichtungen Griechenlands der kommenden Wochen und Monate weiterhin um eine Lösung gerungen. Was bleibt ist die Ungewissheit - und die Finanzmärkte fürchten ja bekanntlich nichts mehr als diese.