Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann bezeichnet diesen Schritt als  "längst überfällig", sagte er auf Anfrage von cash. "Es erstaunt mich, dass die UBS und die CS erst jetzt auf diese Idee kommen", so Straumann weiter.

Auch für Bankenspezialist Roger Rissi vom Institut für Finanzdienstleistungen in Zug, sind die Grossbanken relativ spät auf den Lobby-Zug aufgesprungen. "Dabei haben die Schweizer Finanzinstitute wegen der hereinbrechenden Regulierungsflut ein vitales Interesse, ihre Anliegen zu platzieren", sagt Rissi.

Die Schweizer Grossbanken wollen sich in Brüssel künftig mehr Gehör verschaffen. Zu diesem Zweck haben sie am Donnerstag die Gründung der Lobby-Organisation Swiss Finance Council (SFC) bekanntgegeben. Von der ständigen Präsenz in der EU-Hauptstadt erhoffen sich beide Banken früher als bisher auf Diskussionen einzuwirken, die für den Schweizer Finanzplatz zentral sind.

In Brüssel  unterhalten praktisch alle Grosskonzerne sowie Konsumentenschutzorganisationen oder Umweltverbände eine Lobby-Zentrale. Schätzungen gehen von rund 15‘000 Interessenvertretern in der EU-Hauptstadt Brüssel aus. Dies sind ungefähr 20 Lobbyisten pro EU-Abgeordneten. Wer am nächsten dran ist am Ohr und Gehirn der politischen Entscheidungsträger, bringt seine Interessen besser durch.

«Pflöcke bereits eingeschlagen»

Das Swiss Finance Council will denn auch den Fokus unter anderem auf die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II richten. Unter Mifid II droht den Schweizer Banken unter anderem der Filialzwang im Ausland, wenn sie dort weiterhin Kunden betreuen und akquirieren wollen. Womöglich kann diesbezüglich die neue Schweizer Bankenlobby in Brüssel aber nicht mehr viel ausrichten. Denn: "Die grossen Pflöcke sind bereits eingeschlagen. Es geht hier nur noch um das Finetuning", so Rissi.

Mit Mifid II ebbt die Regulierungsflut aber nicht ab. Mit der European Market Infrastructure Regulation (EMIR), der Bankenunion oder Reformen im Steuerrecht stehen weitere schwierige und komplexe Reformprojekte an. Dank der Banken-Lobby können nun die Interessen des Schweizer Finanzplatzes besser wahrgenommen werden.

Schweizer Bankiervereinigung zu wenig stark

Eigentlich steht die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in der Pflicht, die Interessen des Schweizer Finanzplatzes im In- und Ausland zu vertreten. Doch offenbar braucht der Verband unter der Führung von VR-Präsident Patrick Odier und dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung Claude-Alain Margelisch Hilfe. So will die Lobby-Organisation den SBVg bei relevanten Fragestellungen auf europäischer Ebene unterstützen, hiess es im Mediencommuniqué vom Donnerstag.

Laut Rissi haben sich die Banken denn auch zu lange auf die Arbeit der SBVg und der Schweizer Politik verlassen. "Es ist an der Zeit, dass die Banken nun endlich das Heft selber in die Hand nehmen und aktiv werden."