Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

Im Gopfried Stutz vom 20. Februar habe ich geschrieben, die laufende Revision des beruflichen Vorsorgegesetzes (BVG) komme für die Mehrheit der Versicherten einem Sozialausbau gleich, sollte sie so umgesetzt werden, wie vom Nationalrat verabschiedet.

Ein Leser fand diese Aussage eine «Ungeheuerlichkeit» und schrieb mir, was ich mir eigentlich erlaube, so etwas zu schreiben. Was ich mir erlaube? Das erinnert mich an die Wutrede von Giovanni Trapattoni, einstiger Coach von Bayern München. Sie ist nicht nur bei Fussballfreunden Kult. Würde sich der sympathische Italiener über besagte Kolumne auslassen, so käme das wohl so daher: «Was erlauben Gopfried Stutz? Was schreiben Gopfried Stutz, ist wie Flasche leer.»

Scusi, ich schweife ab. Mehr als die Hälfte aller Versicherten lässt sich bei der Pensionierung zumindest einen Teil des Guthabens als Kapital auszahlen. Und da die BVG-Revision dazu führen wird, dass über all die Erwerbsjahre ein höheres Kapital angespart wird, so führt das eben für die Mehrheit der Versicherten zu einem Sozialausbau.

Eine zugespitzte und provokative Aussage, gewiss, aber eben nicht falsch. Das höhere Kapital soll die Senkung des Umwandlungssatzes auffangen. Dieser ist aber nur für die Berechnung der Rente relevant. Wer das Kapital bezieht, ist von der Senkung des Umwandlungssatzes nicht betroffen.

Also wollen wir doch schauen, wie das höhere Kapital zustande kommt. Ganz einfach: Indem höhere Lohnabzüge in die zweite Säule fliessen. Und wer bezahlt die Zeche? Selbstverständlich die Arbeitnehmenden; aber mehr noch die Arbeitgeber. Bei vielen Pensionskassen zahlen Arbeitgeber mehr ein als Arbeitnehmer.

Auf insgesamt 2,8 Milliarden Franken werden die zusätzlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge veranschlagt, die eben zu diesem höheren Kapital im Alter führen sollen. Und da wie gesagt die Arbeitgeber häufig mehr zahlen als Arbeitnehmende, können wir davon ausgehen, dass die BVG-Revision die Arbeitgeber rund 1,5 Milliarden Franken kosten wird.

Also nochmals: Mit der vom Nationalrat beschlossenen BVG-Revision erhöhen sich die Arbeitgeberbeiträge um rund 1,5 Milliarden Franken. Sie zahlen 1,5 Milliarden Franken mehr in die zweite Säule, ohne dass sie dafür einen Gegenwert erhalten. Dies im Unterschied zu den Arbeitnehmenden, die dank höherer Arbeitnehmer- und vor allem eben dank der höheren Arbeitgeberbeiträge höhere Renten und eben ein höheres Kapital bekommen.

Der Ständerat wird die vom Nationalrat beschlossene Variante mit Sicherheit noch anpassen. Doch um höhere Lohnabzüge kommen wir nicht herum. Da wäre es nichts als fair, wenn nicht nur über die Konsequenzen für die Versicherten gesprochen würde, sondern auch über die zusätzlichen Sozialausgaben, die die Arbeitgeber ohne Gegenleistung berappen müssen.

Ein Gewerbevertreter sagte mir mal mit einem Augenzwinkern: «Eigentlich sollten wir diese Vorlage bekämpfen; nicht die Linken.»