Andere Länder würden Rechtsstaatlichkeitsregeln wollen, worüber sich diskutieren liesse, fuhr er fort. "Die erste Sache müssen wir sofort machen, die zweite Sache ist weniger eilig." Die Regelung der Rechtsstaatlichkeit könne "einige Monate warten".

Ungarn hatte in der vergangenen Woche zusammen mit Polen aus Protest gegen ein neues Verfahren zur Ahndung von Verstössen gegen die Rechtsstaatlichkeit mit einem Veto verhindert, dass der politische Entscheidungsprozess für das EU-Finanzpaket wie geplant fortgesetzt werden kann. Betroffen ist neben den geplanten Corona-Wiederaufbauhilfen im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro auch der langfristige EU-Haushalt. Er umfasst für die nächsten sieben Jahre Mittel in Höhe von knapp 1,1 Billionen Euro.

Dem gegenwärtigen EU-Vorsitzland Deutschland warf Orban in dem Interview mangelnde Flexibilität vor. In der derzeitigen deutschen Position, die auf der Beibehaltung der Rechtsstaatsklausel beharrt, erblicke er "eine Art intellektuelle Gleichgültigkeit". Berlin lasse ein Gespür dafür vermissen, was "über die Tagesaktualität hinausgeht".

Zugleich bemühte sich Orban, die Wirksamkeit seines Vetos gegen die Haushaltsbeschlüsse herunterzuspielen. Bei dem neuen Rechtsstaatsmechanismus, der gegen den Willen Ungarns und Polens beschlossen worden war, handele es sich um eine "schleichende Vertragsänderung" der EU-Verträge. "Aber wenn die Deutschen es wollen, dann kommt das. Meine kleine Handgranate reicht dafür nicht", meinte er unter Bezug auf das ungarische Veto./gm/DP/eas

(AWP)