Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

Lockdown und Homeoffice-Pflicht haben die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden angekurbelt. Dies erklärte die Credit Suisse an ihrer Online-Medienkonferenz – nur um dann ernüchternd festzustellen, dass das ersehnte Wohneigentum mehr und mehr ausser Reichweite rückt.

Eine Herausforderung sei die kalkulatorische Tragbarkeit. Denn Hypothekarnehmer müssen ein Einkommen ausweisen, mit dem sie einen Hypothekarzins von 5 Prozent stemmen könnten. Hypozinsen sind heute natürlich viel, viel tiefer. Festhypotheken sind zu einem Zins von unter 1 Prozent zu haben. Um aber bei einem Zinsanstieg keine Pleiten und insolvente Eigenheimbesitzer zu riskieren, beträgt der kalkulatorische Hypozins 5 Prozent. Würde dieser gesenkt, nähme die Nachfrage nach Immobilien noch stärker zu, und wir müssten noch höhere Preissteigerungen in Kauf nehmen. Je höher die Preise, desto schmerzhafter ein Crash.

Der Traum von einem Eigenheim ist wegen der anhaltenden Preissteigerungen in weite Ferne gerückt. Immer weniger Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 130'000 Franken können sich ein Eigenheim leisten. Gerade bei Einfamilienhäusern ist das frappant. Bei den Eigentumswohnungen sind 42 Prozent tragbar; bei Einfamilienhäusern lediglich 26 Prozent. Ende 2008 lagen diese Werte noch bei 65 und 43 Prozent.

Wobei es natürlich grosse regionale Unterschiede gibt: In der an Zürich angrenzenden Region Glatttal beträgt der Anteil tragbarer Objekte unter 8 Prozent. In der Region Aargau um die 40, rund um Olten 62 Prozent. Dies, wie gesagt, bei einem mittleren Haushaltseinkommen von 130'000 Franken. Kann die Fremdfinanzierung zum Beispiel von 80 auf 60 Prozent gesenkt werden, siehts wiederum besser aus.

Ich kann den Traum verstehen. Ich hatte ein Reihenhaus, in dem die Kinder aufwachsen durften. Heute lebe ich alleine in einer Mietwohnung und muss mir anhören, ich sei doch blöd, bei den heutigen Hypothekarzinsen müsste ich mir eine Eigentumswohnung kaufen.

Rentabel oder nicht: Massgebend ist für mich das Wohlbefinden. Wenn mir der eben eingezogene Nachbar auf den Geist geht, der Verkehr auf meine Nebenstrasse umgeleitet oder auf dem Nachbarhaus eine 5G-Antenne meinen Schlaf raubt, kann ich problemlos die Wohnung kündigen und ausziehen. Flexibilität ist mir viel wert.

Zudem brauche ich keine Eigentümerversammlungen über mich ergehen zu lassen, bei denen darüber gestritten wird, ob das Graffiti in der Einstellhalle entfernt, die Fassade überholt oder das Dach saniert werden soll.

Ich möchte die Zeit im Haus nicht missen, aber: Auch Mietwohnungen haben ihre Vorteile. Das Haus habe ich übrigens auf Anraten meiner Kinder verkauft. Nachdem zwei Mal eingebrochen worden war, fühlten sie sich dort nicht mehr wohl.