Nach den sogenannten Maastricht-Kriterien darf die jährliche Neuverschuldung eigentlich höchstens 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen. Zudem ist eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent des BIP erlaubt. Italien weist nach Griechenland derzeit die zweithöchste Verschuldungsquote in der EU im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf. Für das Land gelten daher noch schärfere Auflagen unterhalb der 3-Prozent-Marke.

Italiens Defizit nehme seit 2014 kontinuierlich ab, hiess es in dem Schreiben. Allerdings sei das Land durch hohe Ausgaben für die Betreuung von Flüchtlingen und Migranten sowie die wiederkehrenden Erdbeben "aussergewöhnlichen Umständen" ausgesetzt, die zu unerwarteten Belastungen führten. Wenn Italien versuchen würde, die Vorgaben krampfhaft zu erfüllen, würde das angesichts weltweit zunehmender wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten der Wirtschaft am Ende schaden, hiess es.

Auch im Fall anderer Defizitsünder in der EU hatte es immer wieder Streit um die Einhaltung der Verschuldungsgrenzen gegeben. Etliche Regierungen argumentieren dann, es sei besser, nötige staatliche Ausgaben nicht zu gefährden und somit zeitweise Ausnahmen von den Schuldenregeln zuzulassen. Ein Reissen der gültigen Marken soll auch durch Strafzahlungen geahndet werden. In der Praxis ist dies aber noch nie geschehen.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber bezeichnete das Schreiben aus Rom als einen Affront. "Fakt ist, dass Italien wieder einmal die Defizitziele verfehlen wird", teilte der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschafts- und Währungsausschusses im EU-Parlament mit. EU-Kommission und EU-Finanzminister sollten nun Sanktionen auf den Weg bringen./lkl/DP/tos

(AWP)