Was vor ein paar Wochen noch als Horror-Szenario für die Märkte bezeichnet wurde, ist nun Tatsache: Der Sieg der Linksallianz Syriza bei den griechischen Parlamentswahlen. Zudem geht Syriza eine Koalition mit den ultranationalen "Unabhängigen Griechen" ein. Bereits werden mögliche Folgen herumgeboten, welche der Machtwechsel für die Euro-Zone haben könnte. Auch von einem "Grexit", einem Ausscheiden Griechenlands aus der Gemeinschaftswährung, ist die Rede.

Die grossen europäischen Handelsplätze zeigen sich vorerst alle unbeeindruckt von der Griechen-Wahl. Der deutsche Dax, der französische CAC 40 und der italienische FTSE MIB machen am Montag alle Gewinne. Auch der Swiss Market Index (SMI) notiert zur Mittagszeit deutlich im Plus.

Leitindex am Boden

Doch die spannendere Frage ist, welche Konsequenzen der Wahlausgang für die griechische Börse hat. Der Leitindex ASE hat am Montag vorübergehend negativ auf das Wahlresultat reagiert, seinen Verlust von mehr als 5 Prozent aber beinahe wieder wettgemacht. Schon seit längerem gibt es Marktstimmen, die griechischen Aktien im Falle eines Machtwechsels einiges zutrauen.

Der erste Grund: Griechische Aktien gehören nach monatelangem Wertverlust bereits zu den günstigsten der Welt. Von seinem Stand bei 5300 Punkten im Jahr 2007 ist der ASE mittlerweile auf 820 Punkte abgestürzt. Der wirtschaftliche Kriechgang liess auch die Gewinne der Unternehmen zusammenschrumpfen.

50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit sind eine weitere Folge der Krisenjahre. Lockert Syriza-Chef Alexis Tsipras wie versprochen die Sparpolitik dürfte die griechische Wirtschaft einiges an Potenzial haben.

Das kleinere Übel

Zweitens profitiert Griechenland von einem allfälligen Schuldenschnitt. Denn Tsipras hatte unmittelbar nach seinem Wahlsieg am Sonntagabend in Athen verkündet, dass er mit den internationalen Gläubigern über einen Schuldenschnitt verhandeln werde. Das Finanzportal "Marketwatch" schätzt diese Möglichkeit als gross ein. Die Gläubigerländer würden im Härtefall auf Geld verzichten, um Griechenland in der Euro-Zone zu behalten.

Die gesamte Verschuldung Griechenlands beträgt ungefähr 300 Milliarden Euro. Würde ein Drittel davon abgeschrieben, wäre das verglichen mit der Ungewissheit eines "Grexit" immer noch günstig – und würde der Wirtschaft sowie den börsenkotierten Unternehmen zusätzlichen Schub verleihen.

Doch solange die Verhandlungen zwischen Syriza und den externen Geldgebern der so genannten Troika (Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds, Europäische Kommission) nicht vorankommen, wird die Volatilität an der griechischen Börse anhalten. Das heisst, ein Einstieg ist nur hartgesottenen Anlegern zu empfehlen.