Kaum je gab es in der Schweiz so viel Auto für so wenig Geld. Denn die Preise für gebrauchte Fahrzeuge sind so tief wie schon lange nicht mehr. Im Juli kostete ein entsprechender Wagen im Durchschnitt 20'736 Franken, wie Zahlen von Autoscout24, dem grössten Schweizer Online-Marktplatz für Occasionen, zeigen. Das ist zwar ein bisschen mehr als im Vormonat, aber im Februar lag der entsprechende Preis noch bei mehr als 22'000 Franken.

Dieser Preisrückgang beginnt bei den Preisen für Neuwagen. Da ist einerseits der starke Franken, der schon die Preise für neue Autos ins Rutschen brachte. "Diverse Importeure haben bereits die Neupreise gesenkt. Weitere Importeure werden dem folgen. Wenn Neuwagen günstiger sind, sinken zwangsläufig auch die Preise für junge Gebrauchtwagen", sagt der Automarkt-Analyst Osman Dirilgen von Eurotax zu cash. Andererseits ist der Schweizer Automarkt mittlerweile hart umkämpft.

Preise für Gebrauchtwagen seit 2010, Quelle: Autoscout24


Während die günstigsten Zeiten für Neuwagen vorbei sein dürften, sind die Preise für gebrauchte Autos noch auf einem sehr günstigen Niveau. Wer also vorhat, eine Occasion zu kaufen, sollte nicht mehr allzu lange zögern (eine Checkliste für den Occasionskauf finden Sie hier). Denn verschiedene Beobachter erwarten für die nächsten Monate steigende Preise. So auch Christoph Aebi, Direktor von Autoscout24: "Wir gehen von keinen weiteren Preiskorrekturen aus, auch nicht bei den Occasionen, zumal die Tendenz beim Euro-Kurs aktuell in eine andere Richtung geht." In der Tat ist der Euro-Franken-Kurs in diesem Monat stetig bis auf die Marke von 1,07 geklettert.

Schweizer Konsumlust intakt

Die Korrektur aufgrund des starken Euros erfolge sowohl bei den Neuwagenpreisen wie auch bei gebrauchten Autos, so Aebi weiter. "Aktuell erwarten wir bei den Neuwagenpreisen und den Occasionen einen leichten Preisanstieg nach oben." Wie schnell und wie stark die Preise im weiteren Jahresverlauf steigen, hängt auch mit der Kauflaune der Schweizerinnen und Schweizer zusammen. Der neuste UBS-Konsumindikator deutet einen wachsenden Privatkonsum an. Der Indikator hat im Juni den dritten Monat in Folge zugenommen. Hauptverantwortlich für die Kauffreude: die Autoverkäufe. Im Juni wurden ein Fünftel mehr Autos als noch im Vormonat und im Vorjahresmonat neu immatrikuliert, wie die UBS am Mittwoch mitteilte. Damit trotzen die Autokäufer der steigenden Arbeitslosenquote und dem sinkenden Bruttoinlandprodukt in der Schweiz.

Doch in der Schweiz dominieren immer noch die Verkäufe von Occasionen, die im ersten Halbjahr 2015 leicht zugenommen haben: 425'584 Occasionen wechselten den Halter, gegenüber 161'798 Neuwagen, die verkauft wurden. Besonders  starkes Wachstum verzeichneten Händler mit Gebrauchtwagen von Skoda (+14,4 Prozent), Mercedes (+6,4 Prozent) und VW (+4,2 Prozent). Wohingegen die Franzosen von Renault (-5,5 Prozent) und Peugeot (-5,1 Prozent) in der Käufergunst sanken.

Damit kommt Bewegung in den Gebrauchtwagenmarkt, der zuvor vier Quartale geschrumpft war. Eurotax schreibt aber in einer Mitteilung dennoch von einer angespannten Situation und von hausgemachten Problemen in Bezug auf die Preise: "Wir gehen davon aus, dass fast die Hälfte der heute zum Verkauf stehenden Occasionen nicht optimal eingepreist wird." Rund 20 Prozent der Fahrzeuge erzielten weniger Gewinn als möglich wäre. Und zwar weil sie zu günstig angeboten würden.

Vorsicht bei Verkäufen

Der Preisrutsch bedeutet für Personen, die ein Auto verkaufen möchten, nichts Gutes. Wer dennoch einen Wagen auf den Markt bringen will, sollte unbedingt mehrere Angebote einholen. Wie die Konsumentensendung "Kassensturz" unlängst berichtete, variieren die Offerten nicht nur stark. Sie sind in vielen Fällen auch tiefer als vom Touring Club Schweiz geschätzt. So können mehrere Tausend Franken den Bach runtergehen. Einen ersten Anhaltspunkt bietet die Online-Schätzung von Eurotax (kostenpflichtig) oder von anderen Auto-Plattformen. Zudem bieten auch Automobilclubs Occasionstests an.