Bis auf 1,0552 wertete sich der Franken gegen den Euro am Donnerstag nach der geldpolitischen Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank auf. Dies passierte nach einem "Nullentscheid" der SNB: Die Währungshüter liessen das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor bei minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Die Giroguthaben der Banken bei der SNB werden weiterhin mit 0,75 Prozent belastet, also mit einem Negativzins oder Strafzins.

Mit einem Stand von maximal 1,0552 pro Euro erreichte der Franken ein Mehrwochenhoch gegen die Gemeinschaftswährung"Man muss natürlich damit rechnen, dass im Frankenkurs nach der Aufhebung des Mindestkurses nun mehr Volatilität vorhanden ist", sagt SNB-Präsident Thomas Jordan im cash-Video-Interview nach der Medienkonferenz in Zürich. Jordan wollte nicht auf die Frage eingehen, ob die neue Frankenstärke die SNB nervös mache.

Tendierte der Franken nach dem Verdauen des Schocks vom 15. Januar, als die Kursuntergrenze zum Euro Knall auf Fall aufgehoben wurde, für viele Beobachter überraschend in Richtung 1,10 pro Euro, geht der Trend nun seit drei Wochen eher in die andere Richtung. Laut Jordan ist der Franken noch immer deutlich überwertet, "wir sind noch immer in einer Phase des 'Überschiessens'", wie er im cash-Video ausführt. 

Jordan äusserte sich nicht zu einem konkreten Gleichgewichtskurs. Nach dem 15. Januar war in der Schweiz ein regelrechtes Wunschkonzert darüber ausgebrochen, wie hoch der Franken zum Euro stehen müsse, damit die Schweizer Exportwirtschaft einigermassen wettbewerbsfähig bleibe. Laut Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf könnten sich Schweizer Unternehmen mit einem Kurs von 1,10 arrangieren, die Gewerkschaften fordern eine weit höhere Zahl, auch Spekulationen über einen neuen Mindestkurs machten die Runde.

Wohin geht der Franken?

Wohin die Reise des Franken geht, hängt weiterhin und wie schon seit Jahren wesentlich von den wirtschaftlichen, politischen und geldpolitischen Ereignissen in der Eurozone ab. Ein Grund für den leichten Aufwertungstrend des Franken ist wohl das neue geldpolitische Lockerungsprogramm der Europäischen Zentralbank. Die EZB will zur Ankurbelung der Wirtschaft bis September 2016 pro Monat Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden Euro erwerben. Das wird den Euro zweifellos weiter schwächen.

Sicher ist: Der starke Anstieg des Franken wird die Schweiz nach Einschätzung der SNB Wachstum kosten. Die Währungshüter rechnen dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von knapp einem Prozent. "Die Schweizer Wirtschaft ist in einer schwierigen Situation", sagt Jordan zu cash. Auf der anderen Seite habe die Wirtschaft immer wieder ähnliche Situtionen erlebt. Die Unternehmen hätten Erfahrung, wie man mit einem starken Franken umgeht. "Das macht zuversichtlich", so Jordan.

Der Nationalbank-Präsident ist der Ansicht, dass der Entscheid zum Ende der Kursuntergrenze in den letzten Wochen gut erklärt und begründet worden sei. "Wir haben den Eindruck, dass das Verständnis über diesen Entscheid in der Schweiz und in der Schweizer Bevölkerung in der Zwischenzeit sehr gross ist."

Im cash-Video-Interview äussert sich Thomas Jordan auch über die Kritik an der SNB und seiner Person.