Mays Kabinettschef David Lidington hält es aber für denkbar, dass Grossbritannien sich in etwa einer Generation einer reformierten EU wieder anschliessen könnte. "Ich glaube nicht, dass die EU in 20 Jahren so aussehen wird wie heute", sagte er dem britischen "Telegraph". Der EU-freundliche Politiker war erst kürzlich zum Nachfolger von Damian Green ernannt worden, der wegen Pornografie- und Belästigungsvorwürfen sein Amt aufgeben musste.

Am vergangenen Dienstag hatten EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Grossbritannien angeboten, in der Staatengemeinschaft zu bleiben. Auch im Vereinigten Königreich war über ein zweites Referendum diskutiert worden. Grossbritannien will die Europäische Union am 29. März 2019 verlassen. Die Brexit-Abstimmung im Juni 2016 war äusserst knapp ausgefallen.

May sagte der "Bild", ihr Land sei "auch künftig der europäischen Verteidigung und Sicherheit verpflichtet - ohne Wenn und Aber". Dies werde sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar bekräftigen. Ziel sei es, weiterhin eine gute Partnerschaft mit der EU zu haben, betonte die Premierministerin. "Wir wollen ein umfassendes Freihandelsabkommen sowie eine Sicherheitspartnerschaft verhandeln." Davon könnten alle profitieren. "Es geht nicht ums Rosinenpicken."

Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte in einem BBC-Interview am Sonntag, dass die Tür für eine Rückkehr in die EU nach wie vor offen sei. Er halte die Brexit-Entscheidung der Briten für einen Fehler, akzeptiere sie aber. Ein umfassendes Freihandelsabkommen unter Einschluss von Dienstleistungen, wie es London anstrebt, lehnt Macron ab. Sonderregelungen für die Finanzbranche in London kämen nicht infrage. Er und May hatten sich am Donnerstag beim französisch-britischen Regierungsgipfel getroffen.

Der Deutsche Bundestag warnt nach Angaben der "Welt am Sonntag" vor neuen Kosten, sollte die Übergangsfrist nach dem Brexit auf Wunsch Londons bis März 2021 verlängert werden. Brüssel hatte London eine etwas kürzere Übergangsphase bis zum 31.12.2020 angeboten - danach gilt ein neuer Finanzrahmen. "Falls die Übergangsphase länger als bis Ende 2020 andauern sollte, scheint eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs am nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen - und zwar ohne "Britenrabatt" - erforderlich", zitiert das Blatt aus einem als vertraulich eingestuften Bericht des Referats EU-Grundsatzfragen des Bundestages./hme/DP/he

(AWP)